Stromquelle nach dem Vorbild von Zitteraalen

Mit einem weichen, flexiblen Kunststoff und einer Kochsalzlösung ahmten Forscher das elektrische Organ von Zitteraalen nach.

Jan Oliver Löfken

Zwei Folien mit farbigen Punkten liegen übereinander, etwa zur Hälfte ist die obere Folie angehoben.

Mit Spannungspulsen von bis zu 800 Volt tötet der Zitteraal seine Beute und verteidigt sich gegen Feinde. Sein elektrisches Organ besteht aus Tausenden winzigen Elementen – den Elektrozyten. Wissenschaftler ahmten diese natürliche Stromquelle nun mit einem weichen, flexiblen Kunststoff nach. Wie sie in der Fachzeitschrift „Nature“ berichten, erzeugen erste Prototypen elektrische Spannungen von bis zu 110 Volt.

„Der Zitteraal polarisiert Tausende Zellen gleichzeitig, um die hohen Spannungen zu erzeugen“, sagt Max Shtein von der University of Michigan in Ann Arbor. In den Elektrozyten konzentrieren sich Kalium- oder Natriumionen, jeweils durch hauchdünne Membranen voneinander getrennt. Bei einem Angriff oder auf der Jagd nach Beute werden die Membranen durch Muskelbewegungen aktiviert und somit für die elektrischen Ladungsträger durchlässig. Jeder einzelne Elektrozyt baut so eine elektrische Spannung von etwa 150 Millivolt auf. Mit Tausenden in Reihe geschalteten Elektrozyten entstehen dann die für kleine Fische tödlichen Spannungspulse bei einer Stromstärke von rund einem Ampere.

Zwei Hände falten eine Folie.

Prototyp der Stromquelle

Mit einem 3D-Druckverfahren bauten Shtein und seine Kollegen nun Elektrozyten nach. Dazu druckten sie knapp 2500 Tröpfchen aus einem weichen, flexiblen Hydrogel auf eine rollbare und transparente Kunststoffschicht. Die Tröpfchen setzten sich abwechselnd aus hohen beziehungsweise niedrigen Konzentrationen einer Kochsalzlösung aus Natrium- und Chloridionen zusammen. War die Folie flach ausgelegt, berührten sich die einzelnen Tröpfchen nicht und es floss kein Strom. Legten die Forscher auf die Kunststofffolie eine weitere, sodass sich immer abwechselnd Tröpfchen mit hohem und geringem Salzgehalt berührten, konnten die Ionen wandern und so einen Stromfluss erzeugen. Über eine angeschlossene Elektrode ließ sich eine Spannung von 110 Volt über die Summe aller in Reihe angeordneter Tröpfchen messen.

In einem weiteren Prototyp nutzten Shtein und seine Kollegen die japanische Falttechnik Origami. Entfaltet erzeugte dieses Modul keinen Strom, aber zusammengefaltet berührten sich abwechselnd die Tröpfchen mit unterschiedlichen Salzkonzentrationen – und es konnte ein Strom fließen. Momentan reicht die Stromausbeute aus, um einzelne Leuchtdioden zu betreiben. Mit einer optimierten Anordnung aus noch mehr und eventuell noch kleineren Tröpfchen könnten weiche Minikraftwerke entstehen, die genug Strom für implantierte Sensoren, Insulinpumpen oder Herzschrittmacher liefern.

Quelle: https://www.weltderphysik.de/gebiet/technik/nachrichten/2017/stromquelle-nach-dem-vorbild-von-zitteraalen/