Strom aus feuchter Luft

Winzige Nanofäden aus Proteinmolekülen erzeugen allein durch die Luftfeuchtigkeit genügend Energie, um Sensoren oder Leuchtdioden zu betreiben.

Jan Oliver Löfken

Künstlerische Darstellung: Am unteren Bildrand windet sich ein Gewirr aus gelben und grünen Fäden, ein Blitz darüber symbolisiert die Elektrizität, am oberen Bildrand blauer Hintergrund, Wassertropfen deuten die hohe Luftfeuchtigkeit an

Ella Maru Studio

Nicht nur Licht, Wind und Wärme lassen sich in elektrischen Strom umwandeln – auch mithilfe von Luftfeuchtigkeit kann man Energie gewinnen. Das stellten Wissenschaftler nun mit winzigen Nanofäden aus Proteinmolekülen unter Beweis. Wie das Team in der Fachzeitschrift „Nature“ berichtet, erzeugen ihre Minikraftwerke genügend Strom, um damit beispielsweise Sensoren betreiben zu können.

Die Nanofäden für ihren Prototyp stellten Jun Yao von der University of Massachusetts im amerikanischen Amherst und seine Kollegen nicht selbst her, sondern nutzten dafür Bakterien der Art Geobacter sulfurreducens. Diese Mikroben produzieren einige Mikrometer lange und nur wenige Nanometer dicke Proteinfäden. Die Forscher woben aus den elektrisch leitfähigen Fäden ein engmaschiges Netz und deponierten es anschließend zwischen zwei hauchdünnen Goldelektroden. In den Experimenten absorbierte das Geflecht aus Nanofäden effizient Wassermoleküle aus der Luft und gab daraufhin Elektronen an eine der Goldelektroden ab. In der Folge floss bei einer Spannung von etwa einem halben Volt ein kleiner elektrischer Strom mit einer Stromstärke von gut einhundert Nanoampere. Damit konnte das Team um Yao einen Kondensator aufladen, der dann eine Leuchtdiode mit Strom versorgte.

Am besten funktionierte die Stromerzeugung bei einer relativen Luftfeuchtigkeit von etwa 50 Prozent, berichten die Forscher. Doch auch bei einer Luftfeuchte von nur 25 Prozent – ein typischer Wert für trockene Wüstenregionen – ließ sich noch ein Stromfluss nachweisen. Zudem produzieren die Minikraftwerke über einen verblüffend langen Zeitraum elektrischen Strom: In einem Langzeitversuch lieferte einer der Prototypen zwei Monate lang Energie.

Derzeit arbeiten die Wissenschaftler um Yao an einer effizienten Verknüpfung der neuen Minikraftwerke. Künftig könnten diese dann beispielsweise genügend Strom für elektronische Module in sogenannten Wearables – intelligenter Kleidung – erzeugen. Parallel will das Team auch andere Bakterienarten wie etwa Escherichia coli für die Massenfertigung von Proteinfäden nutzen. „Das ist erst der Anfang einer neuen Ära von elektronischen Geräten auf der Basis von Proteinnanofäden“, ist sich Yao sicher.

Quelle: https://www.weltderphysik.de/gebiet/technik/nachrichten/2020/strom-aus-feuchter-luft/