Fliegende Sensoren nach natürlichem Vorbild

Schwärme winziger Propeller, die wie Pflanzensamen durch die Lüfte fliegen, könnten die Luftqualität über große Areale messen.

Jan Oliver Löfken

Collage: Zeichnungen von Strukturen auf einem Ahornsamen

F. Frankel

Vom Flugschirm beim Löwenzahn bis zum Propeller beim Ahornbaum – Pflanzen nutzen zahlreiche Konzepte, um ihre Samen mit dem Wind über ein möglichst großes Gebiet zu verteilen. Eine Forschergruppe hat diese Mechanismen der Natur nun detailliert untersucht und mit einem Miniaturflieger nachgeahmt. So berichten sie in der Fachzeitschrift „Nature“ über Mikroflieger mit drei kleinen Flügeln nach natürlichem Vorbild: Beim Fall aus großer Höhe können diese Miniaturpropeller weite Strecken zurücklegen und – ausgestattet mit elektronischen Sensoren – unterwegs die Luftqualität messen.

Metallener Flieger mit schwarzen Musterungen vor weißen Hintergrund

Prototyp des Mikrofliegers

Das Team um John A. Rogers von der Northwestern University in Evanston entwickelte eine Vielzahl verschiedener Mikroflieger ohne eigenen Antrieb mit unterschiedlichen Größen – von weniger als einem Millimeter bis hin zu einigen Zentimetern Durchmesser. Besonders die dreiflügeligen Samen einer Kletterpflanze aus der Familie der Malpighiengewächse inspirierten die Forscher zu einem besonders gut im Wind treibenden Mikroflieger. Um künstliche Mikroflieger nach diesem Vorbild herzustellen, nutzte das Team Produktionsmethoden, die auch in der Chipindustrie Anwendung finden, und fertigte zunächst eine hauchdünne Folie mit eingeprägten dreiflügeligen Strukturen. Diese legten sie auf eine ebenfalls so strukturierte Gummischicht, die sie vorher etwas gedehnt hatten. Zog sich das Gummi nun wieder zusammen, wurde die Folie gewölbt und es entstand eine besonders flugtaugliche, dreidimensionale Struktur.

„Wir glauben, dass wir damit sogar die Eigenschaften des natürlichen Vorbilds übertreffen können“, sagt Rogers. Denn für einen möglichst langen Flug sollte die Fallgeschwindigkeit der kleinen Propeller möglichst gering sein. Mit nur 28 Zentimetern pro Sekunde fiel ein künstlicher Mikroflieger sogar drei- bis viermal langsamer als die natürlichen Flugsamen. In der Mitte der nur etwa einen halben Millimeter durchmessenden Prototypen konnten die Forscher zudem einzelne elektronische Bauelemente platzieren. Ein größerer, im Durchmesser etwa vier Zentimeter großer, Prototyp trug sogar elektronische Sensoren, Mikrocontroller, ein Funkmodul und eine winzige Stromquelle.

Solche günstig und in großen Mengen herstellbaren Mikroflieger ließen sich von Hochhäusern, aus Ballons oder Flugzeugen in großer Höhe freisetzen und vom Wind über ein weites Gebiet verteilen. Damit wären etwa detaillierte und großflächige Messungen der Luftqualität möglich. Allerdings wäre es sehr schwierig und aufwendig, diese Sensoren nach einmaligem Einsatz wieder einzusammeln. Daher arbeitet Rogers und sein Team bereits an Mikrofliegern, die ausschließlich aus biologisch abbaubaren Materialien und sich selbst zersetzender Elektronik bestehen.

Sich drehende Samen inspirieren schwebende Elektronik

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Quelle: https://www.weltderphysik.de/gebiet/technik/nachrichten/2021/fliegende-sensoren-nach-natuerlichem-vorbild/