Kamera mit Katzenblick
Katzen jagen bevorzugt in der Nacht. Denn dank der speziellen Anatomie ihrer Augen können sie ihre Beute selbst bei wenig Licht klar fixieren. Forscherinnen und Forscher ließen sich nun vom Aufbau der Katzenaugen inspirieren und ahmten ihn in einer neuartigen Digitalkamera nach. Sowohl die Tiefenschärfe als auch die Lichtempfindlichkeit konnte dadurch im Vergleich zu herkömmlichen Kameras deutlich gesteigert werden. Wie die Forschenden in der Fachzeitschrift „Science Advances“ berichten, hat dieser bionische Ansatz das Potenzial, die Kameras für Dronen oder autonome Fahrzeuge zu optimieren.
Ihre hervorragende Nachtsichtigkeit verdanken Katzen der großen Anzahl lichtempfindlicher Stäbchen in ihrer Netzhaut. Zusätzlich befindet sich hinter der Netzhaut eine reflektierende Schicht – Tapetum lucidum genannt, lateinisch für leuchtender Teppich. Diese Schicht wirft einfallendes Licht zurück, sodass es insgesamt zweimal auf die Sehzellen trifft und damit den Lichtreiz erhöht. Die vertikale, schlitzförmige Pupille dagegen verbessert tagsüber bei guten Lichtverhältnissen die Tiefenschärfe. Ein Beutetier sticht daher schärfer aus einem schlechter fokussierten und somit unscharfen Umfeld heraus. In der Dämmerung oder nachts weitet sich der Schlitz ebenso wie bei einer kreisrunden Blende, um möglichst viel Licht einzufangen.
Wesentliche Elemente eines Katzenauges nachgeahmt
Min Su Kim von der Seoul National University und sein Team ahmten nun sowohl die Schlitzblende als auch die reflektierende Schicht in einer neuartigen Digitalkamera nach. Als Lichtsensor nutzten sie einen nur etwa ein Mikrometer dünnen Kunststofffilm, auf den sie zahlreiche Photodioden auf Siliziumbasis anordneten. Hinter diese Sensorschicht platzierten die Forschenden einen weiteren Kunststofffilm, in den sie rund 100 Nanometer dünne Plättchen aus Silber integrierten. Diese Silberplättchen reflektierten einfallendes Licht und übernahmen damit die gleiche Funktion wie das Tapetum lucidum im Katzenauge.
In mehreren Versuchsreihen fotografierten Kim und sein Team nun eine stilisierte Maus und einzelne Buchstaben mit ihrer Kamera. Die Qualität der Aufnahmen verglichen sie mit denen einer ähnlich aufgebauten Kamera, die aber nur über eine herkömmliche Rundblende und keine reflektierende Silberschicht verfügte. Tatsächlich verbesserte die Schlitzblende bei guten Lichtverhältnissen die Schärfe im zentralen Blickfeld – ähnlich wie wenn Katzen auf ihre Beute blicken. Und bei Dämmerung konnten die Photodioden die fokussierten Objekte sogar mit einer um 50 Prozent höheren Empfindlichkeit nachweisen.
Die Studie zeigt, dass sich mit Schlitzblende und reflektierenden Silberplättchen wesentliche Elemente des Katzenauges technisch nachahmen lassen. In weiteren Schritten könnten diese Komponenten in speziellen Digitalkameras mit erhöhter Nachtsichtigkeit und Tiefenschärfe integriert werden. Gerade für autonome Fahrzeuge, die derzeit entwickelt werden, böten solche Kameras das Potenzial für mehr Sicherheit beim Fahren.
Quelle: https://www.weltderphysik.de/gebiet/technik/nachrichten/2024/bionik-kamera-mit-katzenblick/