Wie sicher ist autonomes Fahren?

Jan Oliver Löfken

Autonom fahrendes Auto mit einem Aufbau auf dem Dach

Eli Wilson/iStock

Vergangenes Jahr sind 2817 Menschen im Verkehr auf deutschen Straßen gestorben. Meist waren Autos und Lastwagen beteiligt. Da diese Unfälle zu rund 90 Prozent auf menschlichem Versagen beruhen, könnte Autonomes Fahren ihre Zahl deutlich verringern – so zumindest die Hoffnung. Nun hat ein Forschungsteam die tatsächlichen Daten ausgewertet und das Unfallrisiko von autonom fahrenden Fahrzeugen mit solchen verglichen, die von Menschen gesteuert wurden. Ihre Studie in der Fachzeitschrift „Nature Communications“ basiert auf der bisher größten Datengrundlage für Unfälle, die durch autonom fahrende Fahrzeuge verursacht wurden.

Mohamed Abdel-Aty und Shengxuan Ding von der University of Central Florida in Orlando analysierten knapp 40 000 Unfälle, die bei unterschiedlichen Fahrmanövern und Randbedingungen wie Sichtverhältnissen oder Wetter auftraten. Insgesamt untersuchten sie 2100 Unfälle mit autonom gesteuerten Fahrzeugen und 35 133 Unfälle mit Menschen am Steuer. Als Grundlage nutzten die Forscher die Unfallstatistik Kaliforniens im Zeitraum vom 2016 bis 2022, da in diesem US-Bundesstaat autonom gesteuerte Fahrzeuge schon länger auf den Straßen erlaubt sind. 

Die beiden Forscher ordneten die Unfälle den dabei herrschenden Randbedingungen zu. Dabei betrachteten sie auch die Schwere eines Unfalls und weitere Parameter wie die Geschwindigkeit unmittelbar vor einer Kollision. Aus diesem nun geordneten Datensatz konnten sie die relative Häufigkeit von Unfällen je nach Typ des Fahrzeugs – von Maschine oder Mensch gesteuert – und nach Art des Unfalls abhängig vonden jeweiligen Randbedingungen bestimmen. Diese Prozentsätze ließen sich trotz der unterschiedlichen absoluten Fallzahlen direkt miteinander vergleichen.

Sicherer Fahrstil bei guter Sicht

Dabei stellten sie fest: Tatsächlich sinkt das Gesamtrisiko für einen Unfall, wenn das Fahrzeug autonom fährt. Denn die Fahrassistenzsysteme vermeiden einerseits besonders gefährliche Situationen, in die Menschen sich oft begeben: Auffahrunfälle durch zu geringen Abstand, gefährliche Spurwechsel oder überhöhte Geschwindigkeiten ereigneten sich dank der Fahrhilfen signifikant seltener. Andererseits können die Assistenzsysteme bei vielen kritischen Situationen schneller reagieren als Menschen und dadurch helfen, Unfälle zu vermeiden.

Doch die Assistenzsysteme sind nicht in allen Fällen den Menschen überlegen: Gerade während der Dämmerung in den Morgen- oder Abendstunden verursachen sie gut fünfmal so häufig Unfälle im Vergleich zum Menschen. Nachts dagegen sind die Assistenzsysteme wieder für weniger Unfälle verantwortlich als Menschen. Dafür hatten die Assistenzsysteme beim Abbiegen wieder das Nachsehen und verdoppelten das Unfallrisiko.

Diese empirische Studie belegt, dass autonom gesteuerte Fahrzeuge grundsätzlich das Unfallrisiko senken können. Aber bislang scheinen ihre Kameras, Sensoren und Algorithmen bei schlechten Sichtverhältnissen in der Dämmerung und bei einem wichtigen Rundumblick während des Abbiegens noch überfordert zu sein. Damit identifizierten Abdel-Aty und Ding die Einsatzgebiete, in denen Assistenzsysteme noch besser werden müssen. Sollte dies in den kommenden Jahren gelingen, wäre ein deutlich breiterer Einsatz vorstellbar – auch über Kalifornien hinaus.

Quelle: https://www.weltderphysik.de/gebiet/technik/nachrichten/2024/strassenverkehr-wie-sicher-ist-autonomes-fahren/