Ultrakalte Atome im Gitter gefangen
Den Nobelpreis für Physik des Jahres 2001 erhielten ein deutscher und zwei amerikanische Physiker für Pionierarbeiten zur „Bose-Einstein-Kondensation“. Die Wissenschaftler erforschen ultrakalte Gaswolken, deren Atome den gleichen „Quantenzustand“ besetzen. Forscher des Max-Planck-Instituts für Plasmaphysik in Garching lieferten schon mehrfach wichtige Beiträge zu diesem faszinierenden Forschungsgebiet. Wie der Laser könnten Bose-Einstein-Kondensate die Entwicklung völlig neuer Technologien anstoßen.
Einen neuen Materiezustand nahe des absoluten Temperaturnullpunkts haben Forscher des Max-Planck-Instituts für Quantenoptik, der Ludwig- Maximilians-Universität München und der ETH Zürich hergestellt. Mittels eines dreidimensionalen Lichtkristalls gelang es ihnen, ein superfluides Bose-Einstein-Kondensat in einen so genannten Mott-Isolator-Zustand und wieder zurück zu überführen. In einem Bose-Einstein-Kondensat sind die Atome wellenartig über das Lichtgitter hinweg ausgedehnt, während sie im Mott-Isolator auf einzelne Gitterplätze mit einer bestimmten Atomzahl festgelegt sind und so ein Teilchengitter bilden.
Der Zustand wurde zuerst von dem Physiker Sir Neville Mott 1974 im Rahmen von Metall- Isolator-Übergängen in Festkörpern vorausgesagt. Unter anderem für diese Arbeiten erhielt Mott im Jahr 1977 den Nobelpreis für Physik. Der jetzt hergestellte Mott-Isolator, der am absoluten Temperaturnullpunkt (bei 10 Nanokelvin) auftritt, erlaubt in idealer Weise, fundamentale Fragen der Festkörperphysik, der Quantenoptik sowie der Atomphysik zu untersuchen und eröffnet neue Perspektiven für Quantencomputer.
Im Jahr 2001 wurde der Physik- Nobelpreis für bahnbrechende Arbeiten zur Erzeugung von Bose-Einstein-Kondensaten vergeben. In einem solchen Kondensat, nahe am absoluten Nullpunkt, verlieren alle Atome ihre Individualität. Es entsteht ein wellenartiger Zustand der Materie, der sich in mancher Hinsicht mit Laserlicht vergleichen lässt. Ausgehend von einem solchen atomaren Bose-Einstein-Kondensat ist es jetzt erstmals gelungen, einen neuen Materiezustand in der Atomphysik zu erreichen.
Dazu speicherten die Wissenschaftler ein Bose-Einstein-Kondensat in einem dreidimensionalen Kristall aus winzigen pinzettenartigen Laser-Lichtfallen. Durch eine Änderung der Lichtstärke dieses Gitters konnten die Forscher die Eigenschaften dieses Kondensats dramatisch verändern und einen Übergang von der superfluiden Phase des Bose-Einstein- Kondensats in eine so genannte Mott-Isolator-Phase herbeiführen. Ist die Lichtstärke des Gitters, in dem die Atome gefangen sind, nur gering, so befinden sich alle Atome noch in der superfluiden Phase des Bose-Einstein-Kondensats. In diesem Zustand ist nach den Gesetzen der Quantenmechanik jedes einzelne von ihnen über das gesamte Lichtgitter hinweg wellenartig ausgedehnt. Dieses Atomgas kann sich leicht durch das Gitter hindurch bewegen.
Erhöhten die Forscher aber die Stärke des Lichtgitters, so konnten sie eine Umwandlung des superfluiden Kondensats in einen isolierenden Zustand beobachten, bei dem jeder Gitterplatz mit einer exakt definierten Anzahl von Atomen besetzt war. In diesem Fall wird die Bewegung der Atome durch das Gitter aufgrund der abstoßenden Wechselwirkung zwischen ihnen blockiert. Die Physiker Markus Greiner, Olaf Mandel, Tilman Esslinger, Theodor W. Hänsch und Immanuel Bloch zeigten in ihren Experimenten, dass der Phasenübergang zwischen der superfluiden und der Mott-Isolator-Phase in beide Richtungen durchschritten werden kann.
Dieser Übergang wird als Quantenphasenübergang bezeichnet, denn er findet nur am absoluten Temperaturnullpunkt statt. Der Übergang zwischen den Phasen wird dann allein durch die von der Heisenbergschen Unschärferelation vorausgesagten Quantenfluktuationen ermöglicht, denn alle thermischen Fluktuationen, die normalerweise einen Phasenübergang bewirken, sind dann bereits „ausgefroren“. Mit ihren Experimenten ist es den Münchner Forschern gelungen, ein neues Kapitel in der Physik ultrakalter Atome aufzuschlagen. „Mit diesem Experiment gehen wir einen deutlichen Schritt über ein Bose-Einstein- Kondensat hinaus“, sagt Immanuel Bloch. „Im Mott-Isolator-Zustand lassen sich Atome nicht mehr mit der äußerst erfolgreichen Theorie für Bose-Einstein-Kondensate beschreiben, sondern müssen aufgrund ihrer Wechselwirkung mithilfe neuer Theorien beschrieben werden. Die Experimente liefern wertvolle Impulse für die Entwicklung dieser weiterführenden Theorien.“ Der neue Materiezustand des Mott-Isolators wird den Wissenschaftlern helfen, fundamentale Fragen der Physik stark korrelierter Systeme, die unter anderem die Grundlage für unser Verständnis der Supraleitung bilden, zu klären. Außerdem eröffnet der Mott-Isolator-Zustand vielfältige neue Perspektiven für hochgenaue Materiewellen-Interferometer und Quantencomputer.
Quelle: https://www.weltderphysik.de/gebiet/teilchen/atome-und-molekuele/atome-und-quantenphysik/quantenphasen/