KATRIN – eine Waage für Neutrinos

Als präziseste Waage der Welt misst das Experiment KATRIN die Masse der häufigsten Elementarteilchen im Universum.

Redaktion

Das Foto zeigt drei Personen in Schutzanzügen, die auf einem Gerüst im Inneren des Experiments stehen.

Forschungszentrum Karlsruhe

In jeder Sekunde durchdringen uns Milliarden von Neutrinos – völlig ungehindert, denn die elektrisch neutralen Elementarteilchen wechselwirken nur extrem selten mit anderer Materie. Sie stammen vor allem aus der Sonne, werden aber beispielsweise auch in Sternexplosionen erzeugt und entstanden in großer Zahl kurz nach dem Urknall. Bisherige Messungen zeigten zwar, dass Neutrinos eine geringe Masse besitzen. Wie schwer sie genau sind, blieb dabei aber offen.

Das „Karlsruhe Tritium Neutrino Experiment“, kurz KATRIN, soll diese Frage klären. Das Messprinzip von KATRIN beruht darauf, dass Neutrinos in Kernreaktionen immer gemeinsam mit Elektronen entstehen. Im Gegensatz zu Neutrinos lassen sich diese elektrisch geladenen Elementarteilchen problemlos nachweisen und vermessen. In dem Experiment wollen Physikerinnen und Physiker deshalb zunächst die Energieverteilung von Elektronen bestimmen, die beim Zerfall des instabilen Wasserstoffisotops Tritium erzeugt werden, und daraus auf die Masse der ebenfalls freigesetzten Neutrinos schließen.

Am 14. Oktober 2016 flogen erstmals Elektronen durch die komplette Anlage bis zum Detektor. Auch wenn das Instrument bei diesem „First Light“ noch nicht seine volle Leistung brachte, war dies ein wichtiger Funktionstest. Am 11. Juni 2018 startete schließlich die mehrjährige Messphase. Bereits im Herbst 2019 präsentierte die Kollaboration die ersten Ergebnisse: Neutrinos besitzen eine Masse von weniger als 1,1 eV/c² – dieser Wert ist nur halb so groß wie der bis dato bekannte Maximalwert. Umgerechnet sind Neutrinos demnach leichter als 0,000 000 000 000 000 000 000 000 000 000 002 Gramm und damit 500 000-mal leichter als Elektronen.

Im April 2025 veröffentlichten die Teilchenphysikerinnen und Teilchenphysiker dann weitere Ergebnisse des Experiments: Messungen zwischen den Jahren 2019 und 2021 ergaben, dass ein Neutrino nicht schwerer sein kann als 0,45 eV/c². Das entspricht knapp einem Millionstel der Ruhemasse eines Elektrons. Ende 2025 wird die aktuelle Messreihe an KATRIN abgeschlossen sein. Je mehr Ereignisse zur Verfügung stehen, desto präziser werden letztlich die Messungen sein. Vielleicht kennen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler dann die Masse des Neutrinos – oder aber die Elementarteilchen sind noch leichter als angenommen.


Quelle: https://www.weltderphysik.de/gebiet/teilchen/bausteine/neutrinos/experimente/neutrinowaage-katrin/