Detektoren – Teilchen sichtbar gemacht

Ilka Flegel

Detektor mit simulierter Kollision

Mit dem bloßen Auge sind die winzigen Partikel, nach denen in der Teilchenphysik gefahndet wird, nicht mehr zu erkennen. Erst die haushohen Detektoren erlauben es den Physikern, das Unsichtbare sichtbar zu machen und den Bausteinen der Welt auf die Spur zu kommen.

Schematischer Querschnitt durch die verschiedenen Schichten eines zylinderförmigen Detektors für Elementarteilchen. Von innen nach außen: Strahlachse, Spurdetektor, Energiemessung sowie ganz außen Nachweis von Myonen.

Schematischer Aufbau eines Detektors

Als Detektoren bezeichnet man allgemein Nachweisgeräte für Teilchen oder Strahlung. Im engeren Sinne der Teilchenphysik versteht man darunter meist ein ganzes Experiment, eine oft sehr voluminöse Apparatur aus mehreren Einzeldetektoren, mit der die Endprodukte einer bestimmten teilchenphysikalischen Reaktion nachgewiesen, identifiziert und ausgewertet werden.

Für Experimente mit kollidierenden Teilchenstrahlen werden Universaldetektoren eingesetzt, die möglichst viele der stattfindenden Reaktionen erfassen und möglichst alle Reaktionsprodukte nachweisen können. Dementsprechend ist der Wechselwirkungsort, an dem die Teilchenstrahlen zusammenstoßen, fast lückenlos von mehreren Schichten verschiedener „Zähler“ umgeben, vergleichbar etwa den Schalen einer Zwiebel.

In den innersten Schichten des Detektors werden mit Hilfe von so genannten Driftkammern oder Kammern aus dünnen Halbleiterplättchen die Spuren nachgewiesen, die elektrisch geladene Teilchen hinterlassen. Ein Magnetfeld krümmt ihre Bahnen, sodass sich ihr Impuls bestimmen lässt. Auch der gemeinsame Entstehungsort der Spuren kann so genau ermittelt werden.

Grafische Darstellung einer Teilchenkollision in einem zylinderförmigen, aus verschiedenen Schichten bestehenden Detektor. Bei der Teilchenreaktion entstehen verschiedene neue Teilchen, die vom Kollisionspunkt aus in zwei engen Bündeln nach oben und nach links davonfliegen.

Computersimulation einer Teilchenreaktion am Internationalen Linearcollider ILC

Die nächste „Zwiebelschale“ wird von so genannten Kalorimetern gebildet, mit denen die Energie und Flugrichtung von einzelnen Teilchen oder engen Teilchenbündeln („Jets“) bestimmt werden. Der innere, elektromagnetische Teil des Kalorimeters misst „Teilchenschauer“, die von Elektronen, Positronen oder Photonen in Materialien mit hoher Atomzahl wie etwa Blei erzeugt und in verschiedenartigen Zählern registriert werden. Die äußere Kalorimeterschicht soll die Hadronen nachweisen, die stark wechselwirkenden Teilchen. Diese erzeugen in Platten aus sehr dichtem Material durch Kernreaktionen Lawinen aus elektrisch geladenen Sekundärteilchen, die ebenfalls in Zählern zwischen den Platten nachgewiesen werden.  
 
Myonen, die schweren Partner der Elektronen, sind ein eindeutiges Merkmal für bestimmte, physikalisch sehr interessante Reaktionen. Sie durchdringen dicke Materieschichten, ohne absorbiert zu werden und lassen sich dadurch relativ leicht von anderen Teilchen unterscheiden. Die letzte Detektorschale besteht deshalb aus großflächigen „Myonkammern“, mit denen sich die Spuren der durchdringenden Myonen verfolgen lassen.

Reaktionsprodukte, die den Detektor durch das Strahlrohr verlassen, sind ebenfalls von besonderem Interesse. Deshalb sind entlang des Strahlrohrs an geeigneten Stellen dünnwandige Fenster und Zähler für Teilchen eingebaut, die bei sehr kleinen Winkeln abgestrahlt wurden oder am Wechselwirkungspunkt Energie verloren haben und nun stärker als die normalen Strahlteilchen in den Magneten abgelenkt werden. Dies ist wichtig zur Bestimmung der Zusammenstoßrate der gespeicherten Teilchen.

Foto eines im Bau befindlichen, haushohen zylinderförmigen Nachweisgeräts für Elementarteilchen mit einer Vielzahl von technischen Komponenten und Tausenden von Kabeln.

Der H1-Detektor in der HERA-Halle Nord

Experimenten, die nur einen, mit einem ruhenden Ziel („Target“) kollidierenden Teilchenstrahl benutzen, fliegen die Reaktionsprodukte nicht in alle Richtungen auseinander, sondern laufen kegelförmig „nach vorne“, also in Flugrichtung des eintreffenden Strahls weiter. Die entsprechenden Detektoren – auch Spektrometer genannt – umschließen demnach nicht den Wechselwirkungspunkt, sondern bestehen aus blockweise hintereinander angeordneten Kammern zum Nachweis des gesamten „Spektrums“ an Teilchen hinter dem Wechselwirkungspunkt. Die einzelnen Komponenten der Detektoren funktionieren dabei nach den gleichen Prinzipien wie die der Experimente mit kollidierenden Teilchenstrahlen.

Um die Teilchen aus den erwarteten Zusammenstößen von denen aus unerwünschten Störprozessen zu unterscheiden, müssen die vielen Signale aus dem Detektor sehr schnell durch ein besonderes System auf ihre Tauglichkeit hin untersucht werden. So gelangen die Zählersignale zunächst in eine elektronische Verzögerungsleitung, „Pipeline“ genannt, während eine schnelle Elektronik herausfindet, ob sich darin interessante Spuren befinden. Diese Analyse wird in mehreren Stufen durchgeführt, bis gegebenenfalls die Entscheidung zur endgültigen Speicherung einer bestimmten Reaktion fällt. So werden aus bis zu zehn Millionen „Ereignisanwärtern“ pro Sekunde die etwa zehn brauchbaren Ereignisse heraussortiert.

Die akzeptierten Reaktionen werden in komprimierter Form im zentralen Rechenzentrum gespeichert. Die anschließende Analyse wird zum großen Teil bei den an den Experimenten beteiligten Instituten durchgeführt. In mehreren Durchgängen, in denen die Ereignisse je nach Fragestellung selektiert werden, lassen sich schließlich die Reaktionen des physikalischen Prozesses herausfiltern, der speziell untersucht werden soll.

 

Quelle: https://www.weltderphysik.de/gebiet/teilchen/experimente/streuversuche/detektoren/