Zerfall von Photonen nicht ausgeschlossen

Messungen der kosmischen Hintergrundstrahlung sind mit der These vereinbar, dass Photonen eine Ruhemasse und eine begrenzte Lebensdauer besitzen.

Michael Büker

Eine Grafik zeigt farblich gekennzeichnete Unterschiede in Werten auf einer ellipsenförmigen Abbildung des Himmels.

Gemäß dem heutigen Verständnis der elektromagnetischen Kraft ist das Photon, also das Lichtquant, masselos. Dies ist aber von der Theorie keinesfalls vorgeschrieben: Photonen könnten auch eine sehr kleine Masse haben und möglicherweise sogar in noch leichtere Teilchen zerfallen. Julian Heeck vom Max-Planck-Institut für Kernphysik in Heidelberg untersuchte die kosmische Hintergrundstrahlung und fand heraus, dass die Daten mit der These von massebehafteten Photonen mit einer begrenzten Lebensdauer vereinbar sind.

Aus vergangenen Experimenten ist bekannt, dass die Ruhemasse des Photons, wenn sie tatsächlich existiert, weniger als 2 × 10-54 Kilogramm betragen muss. Dieser Wert ist selbst in der Elementarteilchenphysik winzig – er entspricht nach der Masse-Energie-Äquivalenz einer Energie von etwa einem Attoelektronvolt, also 10-18 eV. Übliche Photonenenergien sind erheblich größer: Ein sichtbares Photon weist eine Energie von rund 1 eV auf, Radiostrahlung besteht aus Photonen im Bereich von 10-9 eV.

Graphen von Spektren des kosmischen Mikrowellenhintergrunds und der Daten des COBE-Satelliten mit Fit.

Einfluss massebehafteter Photonen auf die kosmische Hintergrundstrahlung

Der Unterschied zwischen der größtmöglichen Ruhemasse und der Energie nach der Masse-Energie-Äquivalenz ist also sehr groß. Aus diesem Grund ist das Verhalten der hypothetischen massebehafteten Photonen den Regeln der speziellen Relativitätstheorie unterworfen. Demnach haben die Teilchen durch die Zeitdilatation aus unserer Sicht eine umso längere Lebensdauer, je größer ihre Energie ist. Für einen Beobachter ist deshalb die Wahrscheinlichkeit höher, ein zerfallendes Photon zu entdecken, wenn dieses eine geringe Energie besitzt. Dann nämlich erscheint dem Beobachter die Lebenszeit kürzer. Die größten Erfolgsaussichten für einen Zerfallsnachweis bieten also Photonen, die vor langer Zeit ausgesandt wurden und eine niedrige Energie besitzen.

Eine ideale Quelle stellt die kosmische Hintergrundstrahlung dar: Sie leuchtet heute im Mikrowellenbereich und ihr Licht stammt aus der Zeit des Urknalls vor rund 13,8 Milliarden Jahren. Heeck hat die Daten des COBE-Satelliten untersucht, der die bisher genaueste Messung des Spektrums der kosmischen Hintergrundstrahlung lieferte. Der Wissenschaftler kommt zu dem Ergebnis, dass die Lebensdauer von Photonen mit einer angenommenen Masse von 2 × 10-54 Kilogramm mindestens drei Jahre betragen muss. Das klingt zwar nach kosmischen Maßstäben nach einer enorm kurzen Zeit, doch die Effekte der speziellen Relativitätstheorie führen dazu, dass ein Photon der kosmischen Hintergrundstrahlung im Mikrowellenbereich aus unserer Sicht eine Lebensdauer von drei Billiarden Jahren aufweist. Mit unserer Beobachtung, dass die meisten Photonen offenbar noch nicht zerfallen sind, stimmt das überein.

„Die Untersuchung von Photonen und Licht hat schon immer für Überraschungen gesorgt, die die Physik weitergebracht haben, sei es in der Quantentheorie oder der Relativitätstheorie. Eine genaue Analyse der Photoneigenschaften wie Masse, Ladung und Lebensdauer ist daher immer ein Prüfstein unseres aktuellen Physikwissens,“ sagt Heeck. Ein genaueres Verständnis der Abläufe kurz nach dem Urknall könnte helfen, die Ergebnisse weiter zu präzisieren.

Quelle: https://www.weltderphysik.de/gebiet/teilchen/nachrichten/2013/zerfall-von-photonen-nicht-ausgeschlossen/