Exotisches Teilchen bestätigt

Physiker finden Hinweise auf eine Struktur, die aus insgesamt sechs Quarks besteht.

Forschungszentrum Jülich

Bislang konnten Physiker nur zwei verschiedene Teilchensorten sicher nachweisen, die sich aus Quarks – den elementaren Bausteinen der Materie – bilden: Mesonen, die aus zwei Quarks, und Baryonen, die aus drei Quarks bestehen. Zu Letzteren gehören beispielsweise Protonen und Neutronen, aus denen sich Atomkerne zusammensetzen. Physiker einer Kollaboration am Teilchenbeschleuniger COSY in Jülich haben nun starke Hinweise auf die Existenz eines exotischen Teilchens gefunden, das aus insgesamt sechs Quarks besteht. Ihre Messungen bestätigen Ergebnisse aus dem Jahr 2011, berichten die Wissenschaftler in der Fachzeitschrift „Physical Review Letters“. Die Experimente zeigen, dass komplexe Teilchen wie Hexaquarks tatsächlich in der Natur vorkommen können.

Eine Grafik, die insgesamt vier Quark-Bindungszustände darstellt. Links oben eine Blase mit drei gleichfarbigen Kugeln in ihrem Inneren. Sie symbolisiert ein Baryon. Darunter eine Blase mit zwei verschiedenfarbigen Kugeln, die ein Meson zeigt. Rechts oben das neu entdeckte Hexaquark: Es besteht aus einer sich überlappenden Doppelblase mit sechs gleichfarbigen Kugeln. Die Doppelblase darunter mit vier Kugeln, von denen je zwei die gleiche Farbe haben, steht für ein Tetraquark.

Bindungszustände von Quarks

Die untersuchte Struktur ist extrem kurzlebig und ließ sich nur über ihre Zerfallsprodukte nachweisen. Der schnelllebige Zwischenzustand – die  sogenannte Resonanz – existierte gerade einmal für die Dauer einer hunderttrilliardstel Sekunde. Diese Zeitspanne ist so kurz, dass Licht darin gerade einmal eine Strecke zurücklegt, die dem Durchmesser eines kleinen Atomkerns entspricht. Offen ist die Frage, ob alle sechs Quarks zusammen ein gemeinsames Teilchen oder eine Art Molekül bilden. Eine solche Struktur wäre ähnlich wie viele Atomkerne aus mehreren Kernbausteinen aufgebaut – beispielsweise aus angeregten Protonen und Neutronen, die aber noch ungleich stärker aneinander gebunden sind.

Erst in den vergangenen Jahren hatten mehrere Forschergruppen unabhängig voneinander Indizien für schnelllebige exotische Teilchen bestehend aus vier Quarks – sogenannte Tetraquarks – gefunden. Mit dem nun bestätigten Bindungszustand, der 2011 erstmals entdeckt wurde, kommt noch eine weitere Klasse exotischer Teilchen hinzu. „Die neuartige Resonanz, die wir beobachtet haben, zeigt, dass Quarks im Sechserpack tatsächlich existieren. Damit ist eventuell ein Tor zu neuen physikalischen Phänomenen aufgestoßen“, berichtet Koautor Heinz Clement von der Universität Tübingen.

Zum nun gelungenen, eindeutigen Nachweis der beobachteten Resonanz haben die Wissenschaftler den relevanten Energiebereich in einem Streuexperiment vermessen. Dabei beschossen sie Protonen mit polarisierten Atomkernen aus schwerem Wasserstoff, auch Deuteronen genannt. Der bei der Kollision hervorgerufene, exotische Bindungszustand beeinflusste den Winkel, in dem sich die Teilchen nach dem Zusammenstoß voneinander wegbewegen, und konnte so nachgewiesen werden.

„Die Ergebnisse ordnen sich in ein größeres Bild ein. Wenn dieses Teilchen existiert, dann sind theoretisch auch eine ganze Reihe anderer exotischer Zustände zu erwarten“, erklärt Teammitglied James Ritman vom Forschungszentrum Jülich. Der Kernphysiker Freeman Dyson hatte solche komplexen Zustände bereits 1964 vorhergesagt. Doch ein sicherer Nachweis blieb lange aus, da sich die Messungen kaum reproduzieren ließen.

Quelle: https://www.weltderphysik.de/gebiet/teilchen/nachrichten/2014/exotisches-teilchen-bestaetigt/