Ein Möbiusband aus Licht

Mit einem Flüssigkristall wurde die optische Polarisation von Lichtwellen zu einfach oder mehrfach verdrillten Möbiusbändern geformt.

Rainer Scharf

Ein grünes Möbiusband

Während in linear polarisiertem Licht das elektrische Feld an jedem Raumpunkt längs einer bestimmten Richtung schwingt, rotiert es in zirkular polarisiertem Licht in einer Ebene, sodass die Spitze des Feldvektors einen Kreis zeichnet. In elliptisch polarisiertem Licht ändert der rotierende Vektor zudem seine Länge, sodass die Vektorspitze eine Ellipse umreißt. Forscher um Thomas Bauer vom Max-Planck-Institut für die Physik des Lichts in Erlangen ließen nun zwei speziell geformte zirkular polarisierte Lichtstrahlen, die sich in unterschiedliche Richtungen ausbreiteten, interferieren und erzeugten so eine Lichtwelle, in der die Polarisation ein Möbiusband beschreibt – Ober- und Unterseite sind bei dieser Figur identisch. Über ihre Ergebnisse berichtet das Team in der Zeitschrift „Science“.

Lichtwellen lassen sich in nahezu jedem Punkt des Raumes durch eine bestimmte Intensität, Schwingungsphase und Schwingungsrichtung oder Polarisation charakterisieren. Ausnahmen bilden sogenannte singuläre Punkte oder Linien, wo die Phase oder die Schwingungsrichtung unbestimmt bleibt. Auch die von Bauer und seinen Kollegen erzeugte elliptisch polarisierte Welle zeigte nicht in jedem Punkt eine eindeutige Richtung: Auf bestimmten Linien war die Polarisation zufällig zirkular. Umlief man solch eine Linie auf einer senkrecht zu ihr liegenden Kreisbahn, so musste die Welle dort eindeutig elliptisch polarisiert sein. Berechnungen zufolge zeigten die Polarisationsellipsen mit ihrer großen Hauptachse jedoch in unterschiedliche Richtungen. Lag am Anfang der Kreisbahn die Hauptachse parallel zur Ausbreitungsrichtung der Welle, so drehte sie sich im Verlauf der Bahn um 180 Grad, sodass sie am Ende der Bahn wieder die ursprüngliche Ausrichtung hatte. Die großen Hauptachsen der Polarisationsellipsen, die auf der Kreisbahn lagen, bildeten demnach eine Fläche von der Form eines Möbiusbandes.

Indem die Forscher eine Goldnanokugel durch die Lichtwelle zogen und das von ihr reflektierte Licht mit einem Mikroskop auffingen und analysierten, konnten sie sich davon überzeugen, dass die Polarisation der Lichtwelle tatsächlich ein Möbiusband bildete. Durch Interferenz geeignet geformter Lichtstrahlen konnten auch Lichtwellen mit Polarisationen erzeugt werden, die komplizierteren, mehrfach verdrillten Möbiusbändern entsprachen. Die auf diese Weise hergestellten Lichtmuster könnten für die optische Fertigung von Nanostrukturen mit ungewöhnlichen topologischen Eigenschaften genutzt werden, aus denen sich neuartige funktionelle Materialien aufbauen ließen.

 

Quelle: https://www.weltderphysik.de/gebiet/teilchen/nachrichten/2015/ein-moebiusband-aus-licht/