Antimaterie auf dem Weg durchs All

Messungen am CERN zeigen: Bestimmte Atomkerne aus Antimaterie wechselwirken nur wenig mit gewöhnlicher Materie. Das könnte die Suche nach Dunkler Materie erleichtern.

Dirk Eidemüller

Eine große, runde Apparatur im All, in der Mitte ein blitzender Kern

ORIGINS Cluster/S. Kwauka

Wie leicht bewegt sich Antimaterie durch unsere Galaxie? Die Antwort hierauf ist für die Erforschung des Weltalls bedeutend, denn Antimaterie aus dem Universum könnte auf die lang gesuchte Dunkle Materie hinweisen. Mit neuen Messungen am weltweit größten Teilchenbeschleuniger, dem Large Hadron Collider, haben Forscher nun ermittelt, wie stark Antimaterie mit gewöhnlicher Materie wechselwirkt. Wie sie im Fachjournal „Nature Physics“ berichten, zeigen die Ergebnisse, wie durchlässig die Milchstraße für diese Teilchen ist.

Antimaterie ist wie gewöhnliche Materie aufgebaut, besteht jedoch aus den jeweiligen Antiteilchen. Die Kerne von Antiatmoen setzen sich also nicht etwa aus Protonen und Neutronen, sondern aus Antiprotonen und Antineutronen zusammen. Ein Beispiel für einen solchen Antiatomkern ist der Kern von Antihelium-3. Er ist das Gegenstück zu dem gewöhnlichen Atomkern von Helium-3 und besteht aus zwei Antiprotonen und einem Antineutron.

Solche Antiatomkerne entstehen etwa, wenn Wissenschaftler am Large Hadron Collider LHC des Forschungszentrums CERN winzige Teilchen beschleunigen und sie anschließend aufeinanderprallen lassen. Auf diese Weise haben Physiker nun mit dem ALICE-Experiment, einem der vier Großdetektoren am LHC, den Kern von Antihelium-3 untersucht. Dazu haben sie ermittelt, wie weit die Antiatomkerne durch den Detektor gelangt sind und wie stark sie mit gewöhnlicher Materie wechselwirken. Dabei vernichten sich die Kerne von Materie und Antimaterie – übrig bleibt nur Energie.

Wie die Physiker in ihrer Studie berichten, ist die Reichweite von Antihelium-3 in Materie relativ hoch. Daraus schließen sie, dass Antimaterie im All große Strecken von bis zu vielen tausend Lichtjahren zurücklegen kann, bevor sie mit gewöhnlicher Materie zusammentrifft und zu reiner Energie zerstrahlt. Dieses Ergebnis könnte auch neue Erkenntnisse über die rätselhafte Dunkle Materie ermöglichen. Über sie ist bislang kaum etwas bekannt. Einigen theoretischen Modellen zufolge könnte sie sich jedoch in Antimaterie umwandeln und ließe sich dann in Teilchendetektoren nachweisen. Aus den Informationen, wie viele der Teilchen auf der Erde ankommen und welche Energie sie haben, ließe sich dann auf die Dunkle Materie schließen.

So hoffen Forscher, etwa mit Satelliten oder dem Experiment AMS-02 auf der Internationalen Raumstation ISS Antimaterie aus dem All aufzuspüren. Diese Untersuchungen sollen ergeben, ob die Antimaterie aus dem Weltall aus Kollisionen hochenergetischer Teilchen entsteht – wie bei den Messungen am LHC –, oder zumindest zum Teil von Dunkler Materie stammt. Ob Dunkle Materie überhaupt Antimaterie erzeugt und ob Dunkle Materie außer über ihre Gravitation mit Materie oder Antimaterie wechselwirkt, ist allerdings noch unklar.

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Quelle: https://www.weltderphysik.de/gebiet/teilchen/nachrichten/2022/teilchenphysik-antimaterie-auf-dem-weg-durchs-all/