Rekord für schwersten Atomkern aus Antimaterie

Noch ist das Rätsel um Antimaterie nicht gelüftet. Nun stellten Forschende am RHIC den schwersten jemals beobachteten Kern aus Antimaterie her.

Anne-Dorette Ziems

Vier leuchtende Kugeln: Ein Antiproton, zwei Antineutronen und ein Antilambda-Teilchen. Links im Bild die Kollision von Gold-Teilchen in Form von vielen kleineren Kugeln, aus denen Antihyperwasserstoff-4 entstanden ist.

Courtesy of Institute of Modern Physics, China

Sie ist bereits intensiv erforscht und zählt dennoch zu den größten ungelösten Rätseln der Physik: Antimaterie. Nun hat eine Forschungsgruppe einen neuen Atomkern aus Antimaterie entdeckt – sogenannten Antihyperwasserstoff-4. Wie sie im Fachmagazin „Nature“ berichten, handelt es sich dabei um den schwersten bisher beobachteten Kern aus Antimaterie.

Beim Urknall müsste, so die Theorie, genauso viel Antimaterie entstanden sein wie Materie. Doch wo wir auch hinsehen, unsere Welt besteht aus Materie. Warum das so ist, wollen Forschungsteams weltweit durch Experimente mit Antimaterie herausfinden. Dazu nutzen sie große Beschleunigeranlagen, in denen sie Atomkerne auf annähernd Lichtgeschwindigkeit beschleunigen und anschließend zusammenstoßen lassen. Damit simulieren sie Bedingungen wie sie kurz nach dem Urknall geherrscht haben – etwa extreme Temperaturen und Drücke.

Kreisförmig angeordnete Kabelkonstruktionen mit kleinem Rohr in der Mitte

STAR-Detektor am Relativistic Heavy Ion Collider

So auch durch das Team der STAR-Kollaboration. Mit einem wohnhausgroßen Detektor hat es am Relativistic Heavy Ion Collider, einem Teilchenbeschleuniger am Brookhaven National Laboratory in den USA, sechs Milliarden Kollisionen von Gold-Atomkernen untersucht. Bei diesen Zusammenstößen sind die Protonen und Neutronen, aus denen die Atomkerne bestehen, für einen kurzen Moment in ihre elementaren Bestandteile zerfallen. Als die Umgebung der Kollision dann wieder abkühlte, entstanden tausende weitere Teilchen und Antiteilchen.

Eine extrem seltene Teilchenkombination

Dabei gelang der STAR-Kollaboration ein bemerkenswerter Fund: Ein bislang unentdeckter, exotischer Atomkern aus Antimaterie – sogenannter Antihyperwasserstoff-4. Er besteht aus einem Antiproton, zwei Antineutronen – also den jeweiligen Antiteilchen des Protons und des Neutrons – und einem Antilambda-Teilchen. Das Antilambda-Teilchen ist ein sehr kurzlebiges Teilchen, das aus einem Anti-Up-Quark, einem Anti-Down-Quark und einem Anti-Strange-Quark besteht. Damit sich daraus der neue Anti-Atomkern bildet, müssen die Antiteilchen an einer Stelle aufeinandertreffen. Das passiert extrem selten und so fanden die Forschenden insgesamt lediglich 16 Atomkerne aus Antihyperwasserstoff-4.

Um sie zu detektieren, wandten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler einen besonderen Kniff an: Sie hielten nach seinen Zerfallsprodukten Ausschau. Denn Antihyperwasserstoff-4 ist kurzlebig und zerfällt binnen Sekundenbruchteilen wieder in Antihelium-4 und ein Pion. Anhand dieser stabileren Teilchen ließ sich dann auf den Antihyperwasserstoff-4 zurückschließen.

Im nächsten Schritt verglichen die Forschenden die Lebensdauer von Antihyperwasserstoff-4 mit der von Hyperwasserstoff-4, also dem entsprechenden Atomkern aus „normaler“ Materie. Dabei stellten sie keinen Unterschied fest. Das bestätigt zwar aktuelle physikalische Modelle, liefert jedoch keinen Hinweis, wie es zu dem Ungleichgewicht von Materie und Antimaterie im Universum kommt.

Anmerkung der Redaktion: In der ursprünglichen Fassung hatten wir die Anzahl der Antiprotonen und Antineutronen in Antihyperwasserstoff-4 vertauscht. Dies haben wir nun (Stand: 26.08.24, 11 Uhr) korrigiert.

Quelle: https://www.weltderphysik.de/gebiet/teilchen/nachrichten/2024/antihyperwasserstoff-4-rhic-rekord-schwerster-atomkern-aus-antimaterie/