Laser und Plasmen
Wenn ein intensiver Laserstrahl auf Materie trifft, kann er diese nicht nur erhitzen, sondern in ein Plasma verwandeln – in einen Zustand also, wie er beispielsweise im Inneren von Sternen vorkommt. Für solche Laserplasmen gibt es eine Vielzahl von Anwendungen. So kann die Expansion des Plasmas Schockwellen auslösen, mit denen sich extreme Materiezustände mit hoher Dichte und extremen Drucken realisieren lassen. Laserplasmen können eine thermonukleare Fusion zünden, intensive Röntgenstrahlen erzeugen und sogar als Teilchenbeschleuniger dienen.
Was passiert eigentlich genau, wenn ein Laserstrahl auf Materie trifft? Das kommt natürlich darauf an, wie hell der Laserstrahl ist. Bis zu einer bestimmten Intensität passiert zunächst nicht viel, außer dass die Materie sich erwärmt. Das Licht des Lasers ist eine elektromagnetische Welle, das heißt, dass ein elektrisches und ein magnetisches Feld hin und herschwingen. Normale Materie besteht aus neutralen Atomen oder Molekülen, in denen die negativ geladenen Elektronen an die positiven geladenen Atomkerne gebunden sind. Doch ein paar freie Elektronen gibt es in jeder Materie. Trifft die elektromagnetische Welle des Lasers auf solche freien Elektronen, so fangen diese an, im Feld der Welle zu schwingen.
Laser lässt Elektronen schwingen
Wenn die Welle stark genug ist, wird diese Schwingung so heftig, dass die Elektronen bei Zusammenstößen mit neutralen Atomen weitere Elektronen aus diesen herausschlagen können, die dann ebenfalls in der Welle schwingen. Es kommt also zu einem lawinenartigen Anwachsen von freien Elektronen und positiv geladenen Atomrümpfen, den Ionen: Ein Plasma entsteht. Die Temperatur der Teilchen im Plasma steigt dabei rasant an. Innerhalb von weniger als einer Milliardstel Sekunde erreicht sie einige Millionen Grad Celsius. Der Temperaturanstieg führt wiederum dazu, dass sich das Plasma rasch ausdehnt.
Eine wichtige Rolle bei der Wechselwirkung von Laser und Plasmen spielt die so genannte kritische Dichte. Warum reflektiert ein Metallspiegel das Licht? Der Grund dafür liegt darin, dass die Elektronen im Metall genau so schnell schwingen können wie das Licht und daher das Licht wieder zurückstrahlen können. Denn beschleunigte elektrische Ladungen – also auch schwingende Ladungen – senden selbst wieder elektromagnetische Strahlung aus. Wie schnell die Elektronen schwingen können, hängt dabei davon ab, in welcher Umgebung sie sich befinden. In einem Plasma ist die Dichte die entscheidende Größe: Je dichter das Plasma ist, umso schneller können die Elektronen schwingen.
Wenn nun ein Laserstrahl ein Plasma erzeugt, dann dringt die elektromagnetische Welle soweit in das Plasma ein, bis die zunehmende Dichte einen Wert erreicht – die kritische Dichte – bei dem die Elektronen exakt so schnell wie die Welle schwingen können. An dieser Stelle wird dann ein Teil des Lichts absorbiert und der Rest reflektiert. Deshalb kann ein Laserstrahl einen Gegenstand direkt immer nur an seiner Oberfläche heizen. Vom Ort der kritischen Dichte aus muss die Energie (also auch die Temperatur) durch andere Mechanismen (Elektronenwärmeleitung, Röntgenstrahlen) in das Innere des Körpers transportiert werden. Plasmen weisen deshalb zumeist hohe Temperaturgradienten, also große Temperaturunterschiede, auf.
Das vom Laser erzeugte Plasma expandiert und strömt dadurch mit hoher Geschwindigkeit – viele Kilometer pro Sekunde – von der Oberfläche der bestrahlten Materie ab. Dabei kommt es wie bei einer Rakete zu einem Rückstoß, der wiederum eine Schockwelle erzeugt, die tief in den Körper eindringen kann. Der Körper wird dabei zusammengepresst und verdichtet. Durch die geschickte Verwendung vieler Laserpulse und Schockwellen ist es inzwischen gelungen, Festkörper bis auf mehr als das Hundertfache ihrer Dichte zu komprimieren.
Diese Technik ermöglicht es den Physikern zum Beispiel, Zustände wie im Inneren großer Planeten – beispielsweise Jupiter oder Riesenplaneten außerhalb unseres Sonnensystems – zu simulieren. Die gewaltigen Drücke, die im Inneren solcher Planeten herrschen, sind mit statischen Methoden nicht zu erreichen. Selbst Diamant-Presszellen, in denen zwei lupenreine (und damit sehr teure) Diamanten mit den Spitzen aufeinander gepresst werden, enden immer mit dem Bruch eines der beiden Diamanten, ohne dass ein Druck von mehr als drei Millionen Atmosphären erreicht werden kann. Durch die Kompression mit lasergetriebenen Schockwellen kann man dagegen weit höhere Drücke erreichen und damit untersuchen, wie das Innere großer Planeten aufgebaut ist.
Eine weitere Anwendung von Laserplasmen ist die Zündung einer thermonuklearen Kernfusion zur Energiegewinnung. Wenn Wasserstoff bis auf das Tausendfache seiner Dichte komprimiert und dabei bis auf mehr als 100 Millionen Grad erhitzt wird, verschmelzen die Atomkerne zu Helium. Bei dieser Kernfusion wird eine große Menge Energie freigesetzt. Die Atome reagieren so schnell miteinander, dass sie in der kurzen Zeit mehr Energie erzeugen, als vorher in die Laser gegeben werden musste. Weil die Atome durch ihre Massenträgheit lange genug zusammenbleiben um in ausreichender Anzahl zu fusionieren, nennt man diese Art der Fusion „Trägheitsfusion“.
Laserstrahlen können wie kein anderes Verfahren Energie in Raum und Zeit konzentrieren. Neue Lasersysteme, wie sie seit einigen Jahren zur Verfügung stehen, vermögen die in der Lichtwelle gespeicherte Energie auf einen Zeitraum von nur wenigen Femtosekunden zu komprimieren (eine Femtosekunde ist ein Billiardstel einer Sekunde). Der „Lichtstrahl“ hat dann nur noch eine Länge, die hundertmal kleiner ist als der kleinste Punkt auf diesem Monitor. Außerdem können die Laserstrahlen von ihrem ursprünglichen Strahldurchmesser, oft vierzig Zentimeter und mehr, auf einen Fleck kleiner als ein hundertstel Millimeter fokussiert werden.
Bei den dabei auftretenden Intensitäten spielt es keine Rolle mehr, ob freie Elektronen vorhanden sind. Das elektrische Feld der Lichtwelle ist jetzt so groß, dass es die Elektronen aus den Atomen herausreißt. Durch diese „Feldionisation“ wird das Material schlagartig zum Plasma. Während sich bei der Bestrahlung von Materie mit Laserstrahlen kleinerer Intensität ein Plasma erst durch das lawinenartige Anwachsen der Anzahl freier Elektronen bilden muss, sind hier alle Elektronen im Bereich des Laserfokus sofort freigesetzt.
Die Ionen sind durch ihre im Vergleich zu den Elektronen große Masse träge und bewegen sich deshalb zunächst gar nicht. Die Form der Oberfläche des bestrahlten Körpers bleibt deshalb für kurze Zeit erhalten. Dieser Effekt lässt sich für verschiedene Anwendungen nutzen. Wenn es schlagartig viele Elektronen gibt, dann ist die kritische Dichte schnell erreicht und der Laserstrahl wird zum Teil bereits von der Oberfläche reflektiert. Da sich die Ionen aber noch nicht bewegt haben, ist diese Oberfläche noch sehr glatt, wie bei einer guten Optik. Die Physiker bauen auf diese Weise so genannte Plasmaspiegel, mit denen sie Laserstrahlen umlenken können. Der große Vorteil dabei ist zum einen, dass nur der intensive Teil des Lichts reflektiert wird (was den Kontrast erhöht) und zum anderen, dass dieser Spiegel nicht kaputt gehen kann, egal wie hoch die Strahlungsintensität ist. Denn eigentlich ist er schon kaputt – sein Material ist zerstört, konnte sich nur noch nicht bewegen. Ein Plasmaspiegel kann daher zwar nur einmal verwendet werden, er hält dafür aber eine beliebig große Intensität aus.
Relativistische Laserplasmen
Bei extrem hohen Intensitäten spielen auch relativistische Effekte eine Rolle. Denn wenn die Stärke des elektrischen Feldes groß genug ist, kann sie die Elektronen in einer einzigen Halbwelle der Schwingung bis fast auf die Lichtgeschwindigkeit beschleunigen, wieder abzubremsen und in der Gegenrichtung erneut fast auf Lichtgeschwindigkeit bringen. Gemäß der Relativitätstheorie von Albert Einstein werden die Elektronen dabei schwerer, ihre Masse wächst an und sie werden daher auch träger. Die Magnetkomponente der Laserwelle verursacht noch einen weiteren Effekt. Sie lenkt die sehr schnellen Elektronen nämlich so um, dass sie in Vorwärtsrichtung des Laserlichts beschleunigt werden. Aus relativistischen Laserplasmen treten deshalb intensive, gerichtete Elektronenströme aus.
Wenn Licht auf eine Oberfläche trifft und von dieser reflektiert wird, dann übt es einen Druck aus, den so genannten Lichtdruck. Im Alltag spielt der Lichtdruck keine Rolle, aber bei relativistischen Laserplasmen kann er extrem hoch werden. Tatsächlich ist der größte Druck, der derzeit auf der Erde erzeugt werden kann, der Lichtdruck aus ultraintensiven Lasern. In Experimenten konnten Physiker damit Drücke von über 500 Milliarden Atmosphären erzeugen, mehr als das Zweifache des Drucks im Zentrum unserer Sonne.
Laserplasmen als Röntgenquellen
Laserplasmen sind außerdem die intensivsten Röntgenquellen auf der Erde. Durch die hohen Temperaturen strahlen die Plasmen mit großer Intensität im Röntgenbereich und können daher für diagnostische Zwecke eingesetzt werden. Die Dauer des Röntgenpulses entspricht dabei der Dauer des heizenden Lasers und lässt sich daher an das zu untersuchende Objekt anpassen. Laserplasmen liefern nicht nur eine viel höhere Intensität als herkömmliche Röntgenquellen, sie sind auch sehr viel kleinere Strahlungsquellen. Die typischen Abmessungen betragen wenige Tausendstel Millimeter. Mit derart kleinen Punktquellen lassen sich außerordentlich scharfe Bilder erzeugen. Entscheidend für viele Anwendungen ist die so genannte Brillanz, die Intensität der Röntgenstrahlen pro Raumwinkel, Energiebereich und Sekunde. Hier sind lasererzeugte Röntgenquellen ungeschlagen.
Laser beschleunigen Teilchen
Fokussiert man einen Laserstrahl in ein Objekt, das nicht dicht genug ist, um den Laserstrahl zu reflektieren, kann der Laserstrahl sich in diesem Objekt, beispielsweise einem Gas, über eine längere Strecke ausbreiten. Dabei vermag der Laserstrahl in dem Plasma eine Welle anzuregen, bei der hinter dem Laserstrahl die Elektronen gegen die schweren Ionen schwingen. Diese Welle läuft durch das Plasma mit der Geschwindigkeit des Laserstahls hinter diesem her. Wenn Elektronen aus dem Plasma zufällig richtig auf diese Welle aufspringen, können sie auf der Welle surfen wie Wellenreiter am Strand. Dieser Prozess, die so genannte Kielfeld-Beschleunigung (Englisch: „wakefield acceleration“, von „wake“: Kielwasser eines Bootes) kann Elektronen auf noch höhere Energien beschleunigen als die reine Wechselwirkung mit dem Laser.
Schon in der nahen Zukunft ist diese Art der Beschleunigung vielleicht in der Lage, die bisherigen Techniken für die Teilchenbeschleunigung abzulösen. Seit ungefähr zehn Jahren untersuchen Physiker außerdem intensive Ionenstrahlen aus relativistischen Plasmen. Die Hoffnung der Forscher ist, durch die viel größeren Feldstärken, die mit Lasersystemen erreichbar sind, die benötigten Strecken zur Beschleunigung von Teilchen (Elektronen oder Ionen) von vielen Kilometern (LHC, TESLA) auf Millimeter zu reduzieren. Die möglichen Anwendungen einer solchen Technik wären vielfach – vom Bau leistungsfähigerer Beschleuniger für die Grundlagenforschung bis hin zu kompakten Beschleunigeranlagen für die Tumortherapie.
Welt der Physik CC by-nc-nd
Quelle: https://www.weltderphysik.de/gebiet/teilchen/plasma/laser-und-plasmen/