Ein Fehler im kosmischen Gewebe
Kühler Fleck in Hintergrundstrahlung liefert neue Erkenntnisse
Santander (Spanien)/Cambridge (Großbritannien) - Einen Fehler in der Struktur unseres Universums hat möglicherweise ein spanisch-britisches Forscherteam aufgespürt. Die Astrophysiker vermuten, dass ein auffällig kühler Fleck in der kosmischen Hintergrundstrahlung durch eine so genannte Textur verursacht wird. Dabei handelt es sich um Defekte, die unmittelbar nach dem Urknall bei physikalischen Phasenübergängen -- ähnlich dem Gefrieren von Wasser -- auftreten. Wenn sich der Verdacht durch weitere Beobachtungen bestätigt, könnte die Vermessung solcher Defekte fundamentale Erkenntnisse über den Ursprung der Naturkräfte liefern, schreiben die Wissenschaftler in der Online-Ausgabe des Fachblatts "Science".
"Die kosmische Hintergrundstrahlung ist das älteste Bild, das wir vom Universum besitzen", erläutert Marcos Cruz vom Instituto de Fisica de Cantabria im spanischen Santander, der das Team leitet. "Sie ist deshalb unser wichtigstes Werkzeug zur Untersuchung der Entstehung des Kosmos. Wenn es sich bei diesem kühlen Fleck wirklich um eine Textur handelt, dann könnten wir damit auch zwischen unterschiedlichen Theorien über die Entstehung und Entwicklung des Universums unterscheiden."
Entstanden ist die Hintergrundstrahlung rund 370.000 Jahre nach dem Urknall, als das Universum für elektromagnetische Strahlung durchsichtig wurde. Winzige Temperaturschwankungen in der Hintergrundstrahlung liefern den Astrophysikern unter anderem Informationen über die Entstehung der ersten Sterne und Galaxien. Ein etwa fünf Grad großer kühler Fleck fällt jedoch aus dem Rahmen. Cruz und seinen spanischen Kollegen gelang es zunächst nicht, eine plausible Erklärung für das Phänomen zu finden.
Die Forscher kontaktierten deshalb Neil Turok von der University of Cambridge in England, einen Experten für die frühe Phase des Kosmos. In den ersten Sekundenbruchteilen nach dem Urknall ist es vermutlich zu "Phasenübergängen" gekommen, bei denen sich die fundamentalen Naturkräfte voneinander getrennt haben. Ganz ähnlich wie es beim Gefrieren von Wasser -- ebenfalls ein physikalischer Phasenübergang -- zu Fehlern in der Kristallstruktur des Eises kommen kann, können auch bei den Phasenübergängen des Universums Defekte entstehen.
Turok und seine Kollegen verglichen den Fleck mit Simulationen von kosmischen Defekten -- und fanden eine erstaunliche Übereinstimmung. "Wir sind noch nicht sicher, dass es sich um eine Textur handelt", gesteht Turok, "aber die Wahrscheinlichkeit, dass es sich um eine zufällige Fluktuation in der Hintergrundstrahlung handelt, beträgt nur ein Prozent. Wichtig ist, dass sich unsere Hypothese überprüfen lässt." Weitere Beobachtungen, beispielsweise mit dem im kommenden Jahr startenden europäischen Satelliten Planck, könnten zeigen, ob es sich bei dem Fleck tatsächlich um eine Textur handelt.
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Quelle: https://www.weltderphysik.de/gebiet/universum/nachrichten/2007/ein-fehler-im-kosmischen-gewebe/