Pulsar-Entdeckung per Bildschirmschoner
Hobbyforscher stoßen in den Daten des größten Radioteleskops der Welt auf bislang unbekannten Neutronenstern
Hannover - Ein Deutscher und ein amerikanisches Ehepaar sind mit ihren PCs in den Daten des größten Radioteleskops der Welt - der 300 Meter großen Arecibo-Antenne - auf einen rasch rotierenden Neutronenstern gestoßen. Daniel Gebhardt aus Mainz und Helen und Chris Colven aus Ames im US-Bundesstaat Iowa haben den Pulsar im Rahmen des Projekts Einstein@Home aufgespürt, bei dem ein Bildschirmschoner die Ruhezeit der PCs zur Auswertung wissenschaftlicher Daten nutzt.
Der nach seinen Koordinaten am Himmel PSR J2007+2722 benannte Pulsar steht etwa 17.000 Lichtjahre von unserem Sonnensystem entfernt im Sternbild Vulpecula (Füchschen). Der Neutronenstern dreht sich pro Sekunde 41-mal um seine Achse. Anders als die meisten ähnlichen, schnell rotierenden Pulsare ist PSR J2007+2722 ein Einzelgänger, also kein Mitglied in einem Doppelsystem. Für die Astronomen ist das Objekt deshalb besonders interessant, da es sich möglicherweise um einen so genannten recycelten Pulsar handelt. Bei solchen - eigentlich alten und deshalb bereits in ihrer Eigendrehung verlangsamten - Neutronensternen hat sich die Rotation durch den Einfall von Materie noch einmal beschleunigt.
Das 2005 gestartete Projekt Einstein@Home dient eigentlich der Suche nach Gravitationswellen. Es ist ein Gemeinschaftsprojekt des Centers for Gravitation and Cosmology der University of Wisconsin und des Max-Planck-Instituts für Gravitationsphysik in Hannover. Seit 2009 werden 35 Prozent der Kapazität von Einstein@Home zur Suche nach Pulsaren verwendet. Insgesamt sind 250.000 Teilnehmer aus 192 Ländern mit durchschnittlich jeweils zwei PCs an Einstein@Home beteiligt. Mit 0,25 Pentaflops pro Sekunde ist die Gesamtrechenleistung von Einstein@Home mit den größten Supercomputern vergleichbar - doch im Gegensatz zu solchen Supercomputern können die Forscher das weltweit verteilte Rechnernetz rund um die Uhr nutzen.
Bei Einstein@Home und vergleichbaren dezentralisierten Rechenprojekten werden die zu analysierenden Daten in kleine Pakete aufgeteilt und an die registrierten Teilnehmer zur Auswertung verschickt. Das erste erfolgreiche Projekt dieser Art war das 1999 gestartete und noch heute aktive SETI@Home, bei dem ebenfalls in den Daten der Arecibo-Antenne nach Signalen außerirdischer Zivilisationen gesucht wird. An SETI@HOME haben bislang über fünf Millionen Personen teilgenommen. Ähnliche Projekte dienen heute beispielsweise auch der Suche nach neuen Medikamenten oder der Untersuchung der Faltung von Proteinen.
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Quelle: https://www.weltderphysik.de/gebiet/universum/nachrichten/2010/pulsar-entdeckung-per-bildschirmschoner/