Lebensfreundliche Exoplaneten besser identifizieren
Astrobiologen versuchen, die beschränkte Sichtweise auf Erdähnlichkeit zu umgehen.
Berlin - Mehr als 700 Planeten haben die Astronomen bereits bei anderen Sternen entdeckt - und in den kommenden Jahren wird diese Zahl weiter rasant ansteigen. Um die Suche nach potenziell lebensfreundlichen Welten in dieser großen Menge zu erleichtern, hat ein internationales Forscherteam nun ein neues statistisches Verfahren entwickelt. Die Methode berücksichtigt dabei nicht nur die bislang im Vordergrund stehende Ähnlichkeit mit der Erde, sondern versucht auch, allgemeine Kriterien für die Existenz von Leben zu formulieren. Irdische Vorurteile könnten sonst dazu führen, für uns fremdartige Lebensformen zu übersehen, warnen die Wissenschaftler im Fachblatt "Astrobiology".
"Die erste Frage ist naturgemäß, ob auf einer anderen Welt erdähnliche Bedingungen herrschen", sagt Dirk Schulze-Makuch vom Institut für Planetenforschung in Berlin, der Erstautor der Studie, "denn wir wissen empirisch, dass unter solchen Bedingungen Leben existieren kann." Doch für sich allein genommen sei dies "eine möglicherweise beschränkte Form einseitigen irdischen Denkens". Deshalb müsse eine zweite, allgemeinere Frage gestellt werden: Herrschen auf dem Planeten Bedingungen, die irgendeine Form von Leben ermöglichen könnten?
Eine Antwort auf die erste Frage liefert der von Schulze-Makuch und seinen Kollegen entwickelte "Erd-Ähnlichkeits-Index". Er erfasst relativ leicht messbare Größen wie Masse, Durchmesser und Temperatur eines Planeten. Die Möglichkeit nicht nur irdischer, sondern auch exotischer Lebensformen soll der "Planetarische Bewohnbarkeits-Index" erfassen. Hier gehen die Existenz einer stabilen Umwelt - beispielsweise einer festen Oberfläche oder eines flüssigen Ozeans -, die verfügbare Energie, geeignete chemische Prozesse und das Vorhandensein eines flüssigen Lösungsmittels als Basis für biologische Prozesse ein.
"Dieser Index erfordert also ein detaillierteres Wissen, als heute für Exoplaneten verfügbar ist", gestehen Schulze-Makuch und seine Kollegen. "Doch zukünftige Missionen wie etwa der Terrestrial Planet Finder werden diese Informationen sammeln und die Anwendung des zweiten Indexes ermöglichen." Die Forscher haben ihr neues Verfahren als Test auf die bekannten Exoplaneten angewendet. Als derzeit interessanteste Himmelskörper haben sie damit zwei Planeten des 20 Lichtjahre entfernten Sterns Gliese 581 identifiziert. Ihr Erd-Ähnlichkeits-Index entspricht etwa dem Planeten Mars, ihr Planetarischer Bewohnbarkeits-Index liegt zwischen den Werten des Jupitermonds Europa und des Saturnmonds Enceladus.
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Quelle: https://www.weltderphysik.de/gebiet/universum/nachrichten/2011/lebensfreundliche-exoplaneten-besser-identifizieren/