Milchstraße: Halosterne jünger als Kugelsternhaufen

Weiße Zwerge liefern wertvolle Informationen über die Entstehungsgeschichte der Galaxis.

Rainer Kayser

Baltimore (USA) – Die Sterne im inneren Halo unserer Milchstraße sind deutlich später entstanden als die Kugelsternhaufen. Das zeigt eine neue Datierungsmethode mit Hilfe ausgebrannter Sterne, sogenannter Weißer Zwerge, die ein Forscher entwickelt hat. Während die Kugelsternhaufen bis zu 13,5 Milliarden Jahre alt sind, findet der Astronom für den inneren Halo ein Alter von „nur“ 11,4 Milliarden Jahren. Der Wissenschaftler präsentiert sein Verfahren, das eine genauere Untersuchung der Entstehungsgeschichte der Milchstraße erlaubt, im Fachblatt „Nature“.

Sternhaufen mit gelb, weiß und blau leuchtenden Sternen.

Kugelsternhaufen

„Die Milchstraße besteht aus vielen verschiedenen Komponenten“, erläutert Jason Kalirai vom Space Telescope Science Institute in Baltimore in den USA: Neben der charakteristischen Scheibe mit ihren Spiralarmen aus Gas und Sternen besitzt sie eine Verdickung im Zentrum, die sogenannte Bulge, und einen ausgedehnten Halo, eine kugelförmige Hülle aus weit verteilten Sternen und dichten Ansammlungen aus Hunderttausenden von Sternen, den Kugelsternhaufen. Die große Zahl von Sternen ermöglicht es den Astronomen, das Alter der Kugelsternhaufen relativ genau zu bestimmen: Mit bis zu 13,5 Milliarden Jahren sind sie vermutlich die ältesten Teile der Milchstraße.

Kalirai hat nun ein Verfahren entwickelt, mit dem auch eine zuverlässige Altersbestimmung der Einzelsterne im galaktischen Halo möglich ist. Da die Lebensdauer von Sternen mit ihrer Masse zusammenhängt – je mehr Masse sie besitzen, desto schneller wird der nukleare Energievorrat verbraucht –, sind es Sterne mit kleiner Masse, die noch heute als Zeugen der Entstehung der Milchstraße existieren. Wenn Sterne niedriger Masse ihr Brennmaterial verbraucht haben, dann ziehen sie sich zu Weißen Zwergen zusammen, die langsam abkühlen.

Frisch entstandene, heiße Weiße Zwerge bilden die Grundlage für Kalirais Methode. Der Forscher hat zunächst junge Weiße Zwerge im Kugelsternhaufen Messier 4 untersucht, der 12,5 Milliarden Jahre alt ist. Sie besitzen, so fand er heraus, 53 Prozent der Masse unserer Sonne. Dann hat der Astronom vier junge Weiße Zwerge im inneren Halo analysiert. Ihre Masse, so das Ergebnis, beträgt 55 Prozent der Sonnenmasse. Die größere Masse bedeutet eine kürzere Lebenszeit der Vorgängersterne – Kalirai kommt auf 11,4 Milliarden Jahre.

Zumindest der innere Halo ist also später entstanden als die Kugelsternhaufen. Verbesserte Eichungen an weiteren Kugelsternhaufen und die Anwendung auf eine größere Zahl von Weißen Zwergen dürften die Genauigkeit des Verfahrens zukünftig noch verbessern. Kalirai plant, als Nächstes Weiße Zwerge im äußeren Halo zu untersuchen. Der Forscher vermutet, dass der äußere Halo durch einen anderen Prozess entstanden ist als der innere und daher deutlich älter ist.

Quelle: https://www.weltderphysik.de/gebiet/universum/nachrichten/2012/milchstrasse-halosterne-juenger-als-kugelsternhaufen/