Sterne verschlingen nahe Braune Zwerge

Gezeitenkräfte lassen auf engen Umlaufbahnen kreisende Braune Zwerge in ihre Zentralsterne stürzen.

Rainer Kayser

Künstlerische Darstellung eines Braunen Zwergs in einer Umlaufbahn um einen Stern; Quelle: Gemini Observatory

Anchorage (USA) – Warum gibt es keine Braunen Zwerge – Himmelskörper, die kleiner als Sterne, aber größer als Planeten sind – auf engen Umlaufbahnen um normale Sterne ähnlich unserer Sonne? Astronomen aus Frankreich haben nun eine Antwort auf diese Frage gefunden: Kommen die Braunen Zwerge ihrem Zentralstern zu nahe, werden sie zunächst von Gezeitenkräften deformiert und stürzen schließlich auf ihn, berichteten die Wissenschaftler auf einer Fachtagung in Anchorage, Alaska.

Braune Zwerge sind verhinderte Sterne: Mit weniger als acht Prozent der Masse unserer Sonne enthalten sie zu wenig Materie, um dauerhaft durch Kernfusion Energie zu erzeugen. Im Gegensatz zu den kleineren Planeten laufen in Braunen Zwergen aber vorübergehend Fusionsprozesse ab, welche die Himmelskörper aufheizen. Während Astronomen bei anderen Sternen viele Planeten auf extrem engen Orbits mit Umlaufzeiten von wenigen Tagen gefunden haben, gibt es zur Verwunderung der Forscher dort kaum Braune Zwerge. „Wüste der Braunen Zwerge“ nennen Astronomen dieses Phänomen, für das sie bislang keine Erklärung hatten.

Diese liefern nun Tristan Guillot vom Côte d’Azur-Observatorium in Nizza und seine Kollegen. Die Gezeitenkräfte des nahen Sterns führen, so erläutern sie, zu einer Deformation des aus Gas bestehenden Braunen Zwergs – ähnlich wie die Gezeitenkräfte im System Erde-Mond zu Flutbergen auf unserem Planeten und zu Hebungen und Senkungen der Mondkruste führen. Da die Eigenrotation sonnenähnlicher Sterne erheblich langsamer ist als die Umlaufzeit eines nahen Begleiters, führt dieser Effekt zu einem langsamen Absturz des Braunen Zwergs. 

Im System Erde-Mond passiert das Gegenteil: Ein Erdentag ist kürzer als die Umlaufzeit des Erdtrabanten, deshalb entfernt der Mond sich durch die Gezeitenkräfte langsam von der Erde. Entsprechend, so Guillot und seine Kollegen, steigt bei schneller rotierenden Sternen die Wahrscheinlichkeit, Braune Zwerge auf engen Umlaufbahnen zu finden. „Sie ziehen ihre Begleiter weniger effektiv zu sich heran“, so Guillot. Tatsächlich befinden sich die wenigen bislang gefundenen Braunen Zwerge, die auf engen Umlaufbahnen kreisen, bei heißeren, schneller rotierenden Sternen. Zufällig wurde auf der Tagung in Anchorage die Entdeckung eines weiteren derartigen Braunen Zwergs präsentiert. 

Quelle: https://www.weltderphysik.de/gebiet/universum/nachrichten/2012/sterne-verschlingen-nahe-braune-zwerge/