Wie riesige Sterne entstehen

Vier Sterne in der Großen Magellanschen Wolke enthalten doppelt so viel Masse wie theoretisch erlaubt – Simulationen zeigen, wie solche Riesen durch Zusammenstöße entstehen können.

Rainer Kayser

Bonn – Zusammenstöße in dichten Sternhaufen können zur Entstehung von extrem großen Sternen mit mehr als der 300-fachen Masse der Sonne führen. Das zeigen aufwändige Computersimulationen des Sternhaufens R136 in der Großen Magellanschen Wolke, einer Satellitengalaxie der Milchstraße. Die Entdeckung von vier Riesensternen in diesem Sternhaufen hatte vor zwei Jahren die bislang als gesichert geltende Obergrenze von 150 Sonnenmassen für Sterne infrage gestellt. Ihre neuen Ergebnisse präsentierten die Forscher im Fachblatt „Monthly Notices of the Royal Astronomical Society“.

Künstlerische Darstellung von Sternen verschiedener Größe. Der Rote Zwerg ist mit Abstand am kleinsten, danch folgen um jeweils ein Vielfaches größer der gelbe Zwerg und der blaue Zwerg. Der Stern R136a1 ist im Vergleich dazu so groß, dass nur ein Ausschnitt seiner Unterseite auf dem Bild zu sehen ist.

Größenvergleich mit R136a1

„Unsere Modelle von R136 sind die schwierigsten und aufwändigsten N-Körper-Berechnungen, die jemals durchgeführt wurden“, erläutert Pavel Kroupa vom Argelander-Institut für Astronomie in Bonn. Sowohl theoretische Untersuchungen als auch Beobachtungen in der Milchstraße und anderen Galaxien hatten bis 2010 immer wieder 150 Sonnenmassen als Obergrenze für neu entstehende Sterne bestätigt. Die vier Riesensterne im Sternhaufen R136 besaßen jedoch bis zu 265 Sonnenmassen, der größte Stern des Haufens, R136a1, hatte bei seiner Entstehung sogar die 320-fache Masse der Sonne. Um die Entwicklung des Haufens zu modellieren, hatten die Forscher die Bahnen von 170.000 Sternen verfolgt und dabei simultan bei jedem Zeitschritt 510.000 Gleichungen gelöst.

Die Simulation ergab, dass die supermassereichen Sterne nicht individuell entstanden sind, sondern erst später durch Zusammenstöße enger Doppelsterne, die bereits für sich genommen große Massen besessen hatten. In einem dichten Sternhaufen wie R136 „gibt es so viele massereiche Sterne in engen Paaren, die wiederum nahe bei anderen Sternen stehen, dass es zu häufigen engen Begegnungen kommt“, erklärt Kroupas Kollege Sambaran Banerjee. „Die Folge einer solchen Begegnung ist oftmals ein Zusammenstoß und die Entstehung eines noch massereicheren Sterns.“ Die Entstehung von Riesensternen ist also eine auf dichte Haufen wie R136 beschränkte Ausnahme, die bisherigen Annahmen zur Sternentstehung bleiben damit bestehen.

Quelle: https://www.weltderphysik.de/gebiet/universum/nachrichten/2012/wie-riesige-sterne-entstehen/