Astronomen entdecken Planeten, den es nicht geben sollte

Neu entdeckter Exoplanet kreist weit von seinem Stern entfernt und stellt damit die Theorie der Planetenentstehung infrage.

Rainer Kayser

Im Vordergrund ein dem Saturn ähnelnder Planet, im Hintergrund ein Stern, der in ein leuchtendes Band eingebettet ist.

Der 299 Lichtjahre entfernte Stern HD 106906 besitzt einen Planeten, den es nach Ansicht der Astronomen gar nicht geben dürfte: Er zieht seine Bahn in zu großem Abstand von seinem Zentralgestirn. Ein internationales Forscherteam hat den unmöglichen Planeten auf Bildern des Magellan-Teleskops in Chile aufgespürt. Der Orbit des Planeten HD 109606b liege weit außerhalb des Bereichs, in dem er sich durch die langsame Verdichtung von Gas und Staub hätte bilden können, so die Wissenschaftler im Fachblatt „Astrophysical Journal Letters“.

Rechts oben ein schwacher Lichtpunkt, links unten ein Stern-Symbol, eingeschlossen von einem Kreis.

Entdeckungsfoto von HD 106906b

HD 109606b ist nicht der erste Exoplanet, der mit seiner extrem weiten Umlaufbahn die Theorie der Planetenentstehung infrage stellt. Die Astronomen kennen bereits eine Handvoll ähnlicher Fälle. „Aber dieses System ist besonders faszinierend, weil weder Modelle der Planeten- noch der Sternentstehung es vollständig erklären können“, erläutert Vanessa Bailey vom Steward Observatory in Arizona. Junge Sterne sind von einer rotierenden Scheibe aus Gas und Staub umgeben. Die Materie in einer solchen Scheibe verdichtet sich, bildet zunächst kleine „Planetesimale“, die dann durch Zusammenstöße zu immer größeren Planeten anwachsen.

Doch HD 106906b ist 650-mal so weit von seinem Stern entfernt wie die Erde von der Sonne. In diesem Abstand läuft die Verdichtung – wenn überhaupt – viel zu langsam ab, als dass ein Planet entstehen könnte. Zudem ist der Stern mit etwa 13 Millionen Jahren extrem jung und besitzt immer noch eine Gas- und Staubscheibe, deren Radius dem 120-fachen Abstand zwischen Erde und Sonne entspricht. Die Existenz dieser Scheibe spricht auch gegen eine zweite Erklärungsmöglichkeit: Wäre der Planet weiter innen entstanden und erst durch eine enge Begegnung mit einem weiteren Himmelskörper nach außen geschleudert worden, so hätte dies nach Ansicht von Bailey und ihren Kollegen bereits zu einer Auflösung der Scheibe geführt.

Denkbar wäre schließlich noch, dass es sich bei HD 106906b mit der elffachen Masse des Planeten Jupiter eigentlich um einen Braunen Zwerg handelt. Diese Himmelskörper besitzen zu wenig Masse, um Wasserstofffusionen in ihrem Innern zu zünden, so wie andere Sterne. In Doppelsternsystemen entstehen beide Sterne unabhängig voneinander durch den Kollaps einer großen, dichten Region einer Gaswolke – somit sind auch größere Abstände möglich. Doch in solchen Systemen ist das Verhältnis der Massen beider Objekte typischerweise nicht größer als zehn zu eins. „Im Fall von HD 106906 beträgt es aber eher hundert zu eins“, sagt Bailey, „und ein solch extremes Massenverhältnis ist nicht im Einklang mit der Theorie der Entstehung von Doppelsternen.“

Quelle: https://www.weltderphysik.de/gebiet/universum/nachrichten/2013/astronomen-entdecken-planeten-den-es-nicht-geben-sollte/