Staubring um Schwarzes Loch erlaubt Entfernungsbestimmung
Rainer Kayser
Die Spiralgalaxie NGC 4151 ist 62 Millionen Lichtjahre von uns entfernt, so das Ergebnis eines neuen Messverfahrens. Forscher nutzten einen Staubring um das supermassereiche Schwarze Loch im Zentrum von NGC 4151 für die präzise Entfernungsbestimmung. Frühere Messungen hatten Werte zwischen 13 und 95 Millionen Lichtjahren geliefert. Die neue Methode könnte künftig sowohl eine genauere Vermessung des Kosmos als auch eine genauere Bestimmung der Massen von Schwarzen Löchern ermöglichen, so die Wissenschaftler im Fachblatt „Nature“.
„Unser wichtigstes Ergebnis ist, dass die neue Methode enorm genau ist“, erläutert Sebastian Hönig von der University of Southampton, „die Unsicherheit liegt bei nur zehn Prozent.“ Das ist wenig im Vergleich zu anderen Messungen, die auf einer Aneinanderreihung verschiedener Verfahren – der sogenannten kosmologischen Entfernungsleiter – basieren. Mithilfe der genauen Entfernung konnten Hönig und seine Kollegen auch die Masse des zentralen Schwarzen Lochs ermitteln – sie ist vierzig Prozent größer als zuvor angenommen. „NGC 4151 ist ein entscheidender Anker für verschiedene Techniken zur Bestimmung der Massen Schwarzer Löcher“, so Hönig. „Unsere Messung deutet darauf hin, dass diese Massen systematisch um vierzig Prozent unterschätzt wurden.“
Das Schwarze Loch im Zentrum von NGC 4151 ist aktiv, es fällt also Materie hinein, heizt sich dabei auf und sendet unter anderem energiereiche ultraviolette Strahlung aus. Die UV-Strahlung erwärmt einen Ring aus Staub, der durch die Erwärmung im Infrarotbereich aufleuchtet. Der Trick von Hönig und seinen Kollegen: Die Forscher maßen die zeitliche Verzögerung, mit der Strahlungsschwankungen im UV- und im Infrarotbereich auftreten. Diese Verzögerung beträgt dreißig Tage – die ultraviolette Strahlung benötigt also dreißig Tage, um vom Schwarzen Loch zum Staubring zu gelangen. Mit der bekannten Ausbreitungsgeschwindigkeit der Strahlung – der Lichtgeschwindigkeit – ergibt sich daraus der tatsächliche Radius des Staubrings.
Mithilfe hochauflösender interferometrischer Beobachtungen mit den beiden zehn Meter großen Keck-Teleskopen auf Hawaii konnte das Team außerdem den Winkeldurchmesser des Staubrings messen: Er beträgt zwölf millionstel Grad. Mit dem aus der zeitlichen Verzögerung bestimmten Radius ergibt sich daraus dann mithilfe simpler Trigonometrie die Entfernung des Himmelsobjekts. Allerdings kam den Forschern zusätzlich das Glück zur Hilfe. Denn jede der beiden Messungen ist für sich genommen mit einer Unsicherheit von vierzig Prozent behaftet. „Es zeigte sich jedoch, dass diese Unsicherheit bei beiden Messungen dieselbe Ursache hat, nämlich die ungleichmäßige Verteilung der Helligkeit auf dem Staubring“, erklärt Hönig. „Deshalb fällt die Unsicherheit bei der Kombination beider Messungen fast vollständig heraus – es ist geradezu magisch!“
Weltraum aktuell gemäß den Bedingungen der Quelle
Quelle: https://www.weltderphysik.de/gebiet/universum/nachrichten/2014/neue-methode-zur-entfernungsbestimmung/