Auch Merkur besaß einst einen Dynamo
Rainer Kayser
Der innerste Planet unseres Sonnensystems besaß vor etwa 3,8 Milliarden Jahren ähnlich wie die Erde ein globales Magnetfeld, das von einem Dynamoeffekt im flüssigen äußeren Kern angetrieben wurde. Das zeigen Messungen der US-amerikanischen Raumsonde Messenger aus geringer Höhe kurz vor ihrem Aufprall auf dem Merkur. Einem internationalen Forscherteam gelang es, Reste der früheren Magnetisierung in der alten Kruste des Planeten aufzuspüren. Die Wissenschaftler berichten im Fachblatt „Science“ über ihre Messungen.
„Magnetisiertes Gestein speichert die Geschichte des Magnetfelds eines Planeten“, sagen Catherine Johnson von der University of British Columbia im kanadischen Vancouver und ihre Kollegen. Merkur ist neben der Erde der einzige weitere Planet im inneren Sonnensystem der ein – wenn auch erheblich schwächeres – globales Magnetfeld besitzt. „Ob dieses Feld aber bereits seit längerer Zeit besteht, war bislang unbekannt“, so die Forscher. Messenger umkreiste den Planeten seit 2011 in einer Höhe von zweihundert bis vierhundert Kilometern – zu hoch, um mit den Messgeräten der Sonde die Magnetisierung der Kruste zu untersuchen.
Diese Chance eröffnete sich für Johnson und ihre Kollegen jedoch im Herbst des vergangenen Jahres, als die Umlaufbahn von Messenger langsam abgesenkt wurde – bis hin zum gezielten Aufprall auf der Planetenoberfläche am 30. April. Beim Überflug von insgesamt drei Regionen auf dem Merkur stießen die Forscher in Höhen unterhalb von 150 Kilometern bis hinab zu 15 Kilometern auf reproduzierbare Schwankungen des Magnetfelds, die sie als Überreste einer früheren Magnetisierung deuten.
Nach der Datenanalyse gehen die Forscher davon aus, dass die untere Grenze für das Alter der Magnetisierung bei 3,7 bis 3,9 Milliarden Jahren liegt. Damals könnte das Magnetfeld ähnlich stark gewesen sein wie das der Erde. Erzeugt wurde das Magnetfeld vermutlich durch einen Dynamoeffekt, angetrieben von der Abkühlung des flüssigen Planetenkerns. Da Merkur auch heute noch ein globales Magnetfeld aufweist, müsste der Dynamoeffekt über mehrere Milliarden Jahre hinweg aktiv gewesen sein.
Das allerdings widerspricht bisherigen Modellen der thermischen Entwicklung des innersten Planeten: Danach hätte sich der Dynamo bereits vor 3,9 Milliarden Jahren abschalten müssen. Alternativ könnte die Abkühlung des festen inneren Kerns erneut einen Dynamoeffekt angetrieben haben, jedoch vermutlich deutlich später als vor 3,7 Milliarden Jahren. Hier klafft eine Lücke im Verständnis der magnetischen Geschichte des Planeten, die sich nur durch weitere Untersuchungen der chemischen und physikalischen Beschaffenheit seiner Kruste schließen lässt.
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Quelle: https://www.weltderphysik.de/gebiet/universum/nachrichten/2015/merkur-besass-einst-einen-dynamo/