Sonne zerstört Asteroiden

Statistische Untersuchung zeigt, dass Himmelskörper zerfallen, wenn sie der Sonne näher als etwa 15 Millionen Kilometer kommen.

Rainer Kayser

Links ein in viele kleine Gesteinbrocken zerfallener Himmelskörper, rechts die Sonne.

Warum gibt es in Sonnennähe viel weniger Asteroiden, als es theoretische Modelle vorhersagen? Ein internationales Forscherteam hat jetzt mithilfe umfangreicher Computermodelle, die die Verteilung von Asteroiden im inneren Sonnensystem analysieren, eine Antwort auf diese Frage gefunden: Die Himmelskörper zerfallen, wenn sie der Sonne näher als etwa 15 Millionen Kilometer kommen. Das Ergebnis überrascht die Astronomen: Bislang gingen sie davon aus, dass nur eine direkte Kollision mit der Sonne die Himmelskörper zerstört. Die zerfallenen Asteroiden könnten auch eine Erklärung für viele Meteorströme sein, so die Wissenschaftler im Fachblatt „Nature“.

„Theoretische Modelle sagen eine große Anzahl von Asteroiden in sonnennahen Umlaufbahnen voraus“, schreiben Mikael Granvik von der Universität Helsinki und seine Kollegen, „doch gefunden wurden dort nur wenige.“ Ein weiteres Rätsel kommt hinzu: Obwohl helle und dunkle Asteroiden im inneren Sonnensystem gleich häufig vorkommen, dominieren nahe der Sonne helle Asteroiden.

Ursprung der kleinen Körper im inneren Sonnensystem ist der Asteroidengürtel zwischen Mars und Jupiter. Bahnresonanzen mit dem großen Gasplaneten Jupiter werfen ab und an einen der kleineren Himmelskörper aus ihrer Bahn. Nähern sich solche Asteroiden unserem Zentralgestirn weiter, als es dem 1,3-fachen Abstand Erde-Sonne entspricht, bezeichnen die Astronomen sie als „Near Earth Objects“, erdnahe Objekte, da sie auf lange Sicht die Bahn der Erde kreuzen können und damit potenziell bedrohlich sind.

Granvik und seine Kollegen haben basierend auf 100 000 Himmelsaufnahmen des Catalina Sky Surveys die Entwicklung der Umlaufbahnen von 9000 Near Earth Objects simuliert. Doch obwohl es sich um das bislang beste und detailreichste Modell der Asteroiden im inneren Sonnensystem handelt, gelang es zunächst nicht, die Verteilung der sonnennahen Asteroiden zu reproduzieren. Erst das Hinzufügen einer weiteren Komponente führte zu einer Übereinstimmung mit den Beobachtungen: Halten sich die Asteroiden für längere Zeit näher als 15 Millionen Kilometer an der Sonne auf, so zerbrechen sie. Das führt dann zwangsläufig zu einer geringeren Anzahl der kleinen Himmelskörper in Sonnennähe.

Für das Ungleichgewicht zwischen hellen und dunklen Asteroiden machen Granvik und seine Kollegen Unterschiede im inneren Aufbau der Himmelskörper verantwortlich: Asteroiden, die weniger Sonnenstrahlung reflektieren, zerfallen offenbar leichter. „Das ist vielleicht das erstaunlichste Resultat unserer Untersuchung“, so Granvik. „Allein aus der Analyse der Umlaufbahnen können wir etwas über den inneren Aufbau von Asteroiden lernen.“

Quelle: https://www.weltderphysik.de/gebiet/universum/nachrichten/2016/sonne-zerstoert-asteroiden/