Sternentstehung lässt riesige Gaswolken aufleuchten

Astronomen lösen mit ALMA das Rätsel der kosmischen Lyman-Alpha-Kleckse.

Rainer Kayser

Himmelsaufnahme mit Sternen und Galaxien, in der Mitte eine ausgedehnet, verwasche Struktur.

Seit 15 Jahren zerbrechen sich Astronomen über mysteriöse „Lyman-Alpha-Kleckse“ im jungen Kosmos den Kopf. Jetzt hat ein internationales Forscherteam das Rätsel dieser riesigen, leuchtenden Gaswolken gelöst: Sie spiegeln die rasante Sternentstehung in jungen elliptischen Galaxien wider. Beobachtungen mit der neuen Radioteleskop-Anlage ALMA in Chile zeigen erstmals die Sternentstehungsregionen im Inneren einer solchen Wolke, berichten die Wissenschaftler im Fachblatt „Astrophysical Journal“.

„Wir können einen flüchtigen Blick darauf werfen, was um junge und wachsende Galaxien passiert“, so Jim Geach von der University of Hertfordshire in Großbritannien, einer der beteiligten Forscher. „Ein Lyman-Alpha-Klecks ist ein Ort, an dem eine massereiche elliptische Galaxie entsteht, die eines Tages das Zentrum eines riesigen Galaxienhaufens bilden wird.“ Lyman-Alpha-Kleckse sind Wolken aus Wasserstoff, die sich im jungen Kosmos über viele hunderttausend Lichtjahre erstrecken. Sie senden Strahlung einer bestimmten Wellenlänge aus, der Lyman-Alpha-Linie des Wasserstoffs. Doch seit ihrer Entdeckung ist es ein Rätsel, was die Gaswolken zum Leuchten anregt.

Geach und seine Kollegen haben eine dieser Gaswolken mit ALMA beobachtet. Dieses „Atacama Large Millimeter/Submillimeter Array“, besteht aus insgesamt 66 Antennen mit sieben bis zwölf Metern Durchmesser. Die Antennen stehen bis zu 16 Kilometer auseinander, dadurch besitzt die Anlage ein enormes Auflösungsvermögen. So konnten die Forscher drei helle Quellen im Zentrum der Wasserstoffwolke aufspüren – offenbar Regionen, in denen geradezu explosionsartig neue Sterne entstehen. Zusätzliche Beobachtungen mit dem Weltraumteleskop Hubble zeigen junge Galaxien am Ort dieser Quellen. Geach und seine Kollegen vermuten, dass diese Galaxien miteinander zu einer großen elliptischen Galaxie verschmelzen.

Die Hubble-Beobachtungen zeigen zudem eine große Zahl kleinerer Galaxien in der Umgebung dieser Objekte. Möglicherweise strömt aus diesen Zwerggalaxien Materie in die entstehende elliptische Galaxie und heizt so die Entstehung der Sterne an. Die jungen Sterne wiederum senden ultraviolette Strahlung aus, die das Wasserstoffgas in der Umgebung zum Leuchten anregt und so den Lyman-Alpha-Klecks erzeugt. Die Beobachtung solcher riesigen Gaswolken im jungen Kosmos kann den Astronomen daher dabei helfen, die Entstehung und Entwicklung von Galaxienhaufen und ihren großen zentralen Galaxien zu verstehen.

Quelle: https://www.weltderphysik.de/gebiet/universum/nachrichten/2016/sternentstehung-laesst-riesige-gaswolken-aufleuchten/