„Klare Hinweise auf Diamanten“

Wie tief im Inneren von Uranus und Neptun Diamanten entstehen, haben Forscher nun im Labor nachgestellt.

Franziska Konitzer

Auf der linken Seite sind die inneren Schichten des bläulichen Neptun zu sehen. In der Schicht unter der obersten Schicht ist der Diamantniederschlag gekennzeichnet, der im rechten Bild als grafisches Element vergrößert dargestellt ist.

Im Inneren von Uranus und Neptun herrschen derart hohe Drücke und Temperaturen, dass es Diamanten regnet. Das nehmen Wissenschaftler zumindest an. Mithilfe von Lasern stellte ein Forscherteam die extremen Bedingungen im Labor nach – und konnte tatsächlich Diamanten erzeugen. Welt der Physik sprach mit Dominik Kraus vom Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf über die Experimente und deren Ergebnisse, die nun in der Fachzeitschrift „Nature Astronomy“ erscheinen.

Porträtfoto des Wissenschaftlers

Dominik Kraus

Welt der Physik: Woher weiß man, dass es Diamanten im Inneren von Uranus und Neptun gibt?

Dominik Kraus: Genau weiß man es natürlich nicht, weil es keine Möglichkeit gibt, in das Innere von Uranus und Neptun zu blicken. Die Raumsonden können nur die Oberfläche der Planeten erfassen. Man weiß aber, dass beide Planeten bläulich leuchten. Diese blaue Farbe stammt vom Methan in der Atmosphäre. Da Methan ein Kohlenwasserstoff ist, fragt man sich natürlich, was mit solchen Kohlenwasserstoffen im Inneren des Planeten passiert, wo Druck und Temperatur sehr hoch sind. Wissenschaftler spekulierten schon in den 1980er-Jahren, dass sich Kohlenwasserstoffe unter solchen extremen Bedingungen in Kohlenstoff und Wasserstoff auftrennen können. Ende der 1990er-Jahre wurden erstmals Experimente dazu durchgeführt. Diese waren allerdings mit vielen Fragezeichen versehen, weil die Entstehung der Diamanten nicht live verfolgt werden konnte. Uns ist das nun erstmals gelungen.

Wie haben Sie das angestellt?

Wir verwenden eine Probe aus Polystyrol. Das ist eine spezielle Art von Plastik, also ein Kohlenwasserstoff. Ein optischer Laserpuls erzeugt auf der Vorderseite der Plastikprobe eine heiße Plasmaschicht, die anschließend sehr schnell abströmt. Dieses Abströmen weg von der Probe übt wiederum einen sehr hohen Druck auf die Probe selbst aus und löst darin eine Stoßwelle aus. Dann kommt durch den nächsten Laserpuls noch eine zweite Stoßwelle hinterher und so erzeugen wir ungefähr eine Nanosekunde – also eine milliardstel Sekunde – lang solche Bedingungen, wie sie auch im Inneren der Gasriesen herrschen. In dieser Zeit nutzen wir einen zweiten Laser, der extrem starke und kurze Röntgenpulse aussendet, um die Struktur der Probe zu vermessen.

Was haben Sie beobachtet?

Wir hatten damit gerechnet, kleine Anzeichen von der Entmischung des Kohlenwasserstoffs zu entdecken. Aber wir konnten direkt ganz klare Hinweise auf Diamanten messen, das war wirklich unglaublich. Wir waren ehrlich überrascht darüber, wie schnell sich die Kohlenwasserstoffe entmischen und winzige Diamanten entstehen.

Ein Experimentierraum, der mit einer Fischaugenlinse aufgenommen wurde.

Experiment am SLAC National Accelerator Laboratory

Was bedeutet dieses Ergebnis für die Prozesse im Inneren von Gasriesen?

Wir wissen, wie bereits gesagt, dass in den oberen Schichten von Uranus und Neptun Methan vorkommt. Im Inneren dieser Gasriesen schließt sich Methan zu noch langkettigeren Kohlenwasserstoffen zusammen, also zu einer Art Öl oder Plastik. In unserem Experiment haben wir erst bei dieser Stufe angefangen, weil es im Labor einfacher ist, mit Plastik zu arbeiten als mit dem Methan selbst. Für ein paar milliardstel Sekunden konnten wir den Druck und die Temperatur simulieren, die etwa zehntausend Kilometer unter der Planetenoberfläche herrschen. Unter diesen Bedingungen entstanden bereits Diamanten. Was innerhalb einer so kurzen Zeit geschieht, passiert ganz sicher auch über den Zeitraum von Tausenden von Jahren in diesen Planeten. Wir können nun also definitiv sagen, dass es auf Neptun und Uranus in einer Tiefe von zehntausend Kilometern einen Diamantniederschlag gibt. Denn die Diamanten sind schwerer und dichter als die umgebende Materie aus Ammoniak, Methan, Wasser und so weiter – daher regnen sie nach unten. Im Zentrum der beiden Planeten vermutet man einen Gesteinskern, der vielleicht so groß wie die Erde ist. Durch den Niederschlag dürfte es um ihn herum also eine Diamantschicht geben.

Quelle: https://www.weltderphysik.de/gebiet/universum/nachrichten/2017/klare-hinweise-auf-diamanten/