Woher die galaktischen Positronen kommen

Eine mögliche Quelle für Positronen – die Antiteilchen von Elektronen – in der Milchstraße könnten seltene Sternexplosionen sein.

Rainer Kayser

Kollidierende Sterne.

Vor vier Jahrzehnten stießen Astronomen in der Milchstraße auf eine Strahlung, die von der paarweisen Vernichtung von Elektronen und deren Antiteilchen – den sogenannten Positronen – stammt. Seither rätseln die Himmelsforscher über die Quelle dieser Positronen. Besonders populär war die Annahme, es handele sich bei diesen Antiteilchen um ein Zerfallsprodukt der Dunklen Materie. Jetzt verwirft ein Forscherteam diese Hypothese und identifiziert seltene Sternexplosionen als Ursprung der Positronen. Über ihre Ergebnisse berichten die Wissenschaftler im Fachblatt „Nature Astronomy“.

„Zu den exotischen Erklärungen für die Positronen führte insbesondere die Beobachtung, dass die Paarvernichtungsstrahlung aus dem Bereich der zentralen Verdickung der Milchstraße wesentlich stärker zu sein schien als aus der galaktischen Scheibe“, erläutern Roland Crocker von der Australian National University und seine Kollegen. Denn wenn die Positronen von Sternen stammen würden, müsste es – entsprechend der Anzahl der Sterne in Verdickung und Scheibe – gerade umgekehrt sein. Die Dunkle Materie jedoch sollte im Zentralbereich der Milchstraße dichter sein als außen in der Scheibe und könnte so eine Erklärung für dieses Verhältnis liefern.

Neuere Beobachtungen, insbesondere mit dem Gammasatelliten Integral, zeigen jedoch ein Strahlungsverhältnis von 0,4 zwischen Verdickung und Scheibe, was gut mit dem stellaren Massenverhältnis von 0,4 übereinstimmt. Crocker und seine Kollegen haben diese neuen Ergebnisse zum Anlass genommen, nach möglichen Quellen von Positronen in Sternen zu suchen. Mit Blick auf die Energie der Positronen identifizierten die Forscher nun den Zerfall des radioaktiven Isotops Titan-44 als einzig mögliche Quelle für die Antiteilchen.

Bislang gingen Astronomen davon aus, dass das meiste Titan-44 bei der Explosion massereicher Sterne produziert wird. Doch die dabei entstehende Menge des radioaktiven Isotops reicht nicht aus, um die galaktischen Positronen zu erklären, wie Crocker und sein Team zeigen. Als wahrscheinlichste Quelle von Titan-44 sehen die Forscher eine andere, seltenere Art von Sternexplosionen, die durch die Verschmelzung zweier Weißer Zwerge geringer Masse ausgelöst werden.

Um die Produktionsrate von Titan-44 bei diesen Explosionen mit der beobachteten Stärke der Paarvernichtungsstrahlung in Einklang zu bringen, müssen Crocker und seine Kollegen allerdings eine Reihe von Annahmen über den genauen Ablauf dieser Sternexplosionen machen. „Diese Annahmen erscheinen zwar vernünftig“, so die Forscher, „müssen aber noch durch hochaufgelöste Simulationen überprüft werden.“ Unabhängig davon zeige ihre Untersuchung jedoch, dass eine einzige stellare Komponente ausreiche, um die galaktischen Positronen zu erklären – exotische Annahmen über die Dunkle Materie seien dazu also nicht nötig.

Quelle: https://www.weltderphysik.de/gebiet/universum/nachrichten/2017/woher-die-galaktischen-positronen-kommen/