Alternde Sterne produzieren komplexe Moleküle

Wissenschaftler können erstmals die bislang rätselhafte Entstehung von Buckminster-Fullerenen im Weltall erklären.

Rainer Kayser

Illustration von fußballförmigen Molekülen aus 60 Kohlenstoff-Atomen

D. Stolte/University Communications

Auf der Oberfläche von Staubkörnchen in der Umgebung alternder Sterne können sich unter dem Einfluss hochenergetischer Strahlung extrem komplexe Kohlenstoffmoleküle bilden. Das zeigen Experimente im Labor, die ein Forscherteam aus den USA und Kanada mithilfe von Elektronenmikroskopen durchführte. Die Wissenschaftler können nun erstmals die bislang rätselhafte Entstehung von Buckminster-Fullerenen – fußballförmigen Molekülen aus sechzig Kohlenstoffatomen – im Weltall erklären. Auch andere, bislang nur im Labor erzeugte Kohlenstoffmoleküle könnten auf diese Weise im Kosmos entstehen, so die Forscher im Fachblatt „Astrophysical Journal Letters“.

„Die Anwesenheit von Wasserstoff sollte eigentlich die Synthese von Buckminster-Fullerenen verhindern“, erläutert Jacob Bernal von der University of Arizona das bisherige Dilemma der Astronomen. Doch spektroskopische Beobachtungen lieferten überraschende Hinweise auf Buckminster-Fullerene im interstellaren Gas, obwohl es im Weltall pro Kohlenstoffatom etwa 10 000 Wasserstoffatome gibt. Seither rätseln die Himmelsforscher, wie solche komplexen Kohlenstoffmoleküle überhaupt im Weltall entstehen können.

Durch Zufall entdeckten Bernal und seine Kollegen, dass sich mithilfe von Elektronenmikroskopen die Bedingungen im Weltall hervorragend nachbilden lassen. Denn die mikroskopische Abbildung mit Elektronen funktioniert nur in einem extremen Vakuum – wie es auch im All herrscht. Zunächst schossen die Forscher hochenergetische Strahlung in einem Elektronenmikroskop unter hohen Temperaturen auf Siliziumkarbid-Partikel. Diese Teilchen kommen als Staubteilchen insbesondere in der Umgebung alternder Roter Riesensterne vor. Die Strahlung schlug dann die Siliziumatome aus der Oberfläche der Partikel heraus – zurück blieben Kohlenstoffatome, die Ringe und sphärische Strukturen bildeten.

Hohe Temperaturen, Stoßwellen und hochenergetische Teilchenstrahlung in der Umgebung von Roten Riesen können also an der Oberfläche von Staubkörnchen komplexe Kohlenstoffmoleküle wie Buckminster-Fullerene produzieren. Der starke Sternwind alternder Sterne transportiert die entstandenen Moleküle dann in den interstellaren Raum, wo sie aufgrund ihrer hohen Stabilität für Jahrmilliarden bestehen können. Und das, so die Forscher, könnte auch für andere komplexe Kohlenstoffmoleküle gelten, von denen man bislang annahm, dass sie sich lediglich künstlich im Labor herstellen lassen.

Quelle: https://www.weltderphysik.de/gebiet/universum/nachrichten/2019/alternde-sterne-produzieren-komplexe-molekuele/