Das einfachste Molekül des Universums

Obwohl Heliumhydrid vermutlich eine wichtige Rolle im jungen Kosmos spielte, ließ es sich erst jetzt mit dem Flugzeugobservatorium SOFIA im Weltall nachweisen.

Rainer Kayser

Hubble-Aufnahme des Planetarischen Nebels NGC 7027

NASA

Heliumhydrid ist das einfachste Molekül im Universum – es besteht aus einem Heliumatom und einem Proton, dem Kern eines Wasserstoffatoms. Obwohl Heliumhydrid vermutlich eine wichtige Rolle im jungen Kosmos spielte, war die Suche nach dem Molekül im Weltall jahrzehntelang erfolglos und ließ bereits Zweifel an dieser Theorie entstehen. Doch die Zweifel konnten Wissenschaftler nun mithilfe des Flugzeugobservatoriums SOFIA endlich ausräumen. Wie die Forscher im Fachblatt „Nature“ berichten, haben sie Heliumhydrid in einem etwa 3000 Lichtjahre entfernten Planetarischen Nebel nachgewiesen.

Als die Temperatur im Kosmos nach dem Urknall vor 13,8 Milliarden Jahren auf unter 4000 Grad Celsius fiel, bildeten sich zunächst neutrale Heliumatome. Diese gingen dann mit dem noch ionisierten Wasserstoff die ersten Molekülbindungen – Heliumhydrid – ein. Bereits 1925 gelang es Wissenschaftlern, diese einfachen Bindungen im Labor zu reproduzieren. Doch im Weltall zeigte sich bislang keine Spur von Heliumhydrid. „Die Chemie im Universum begann mit Heliumhydrid. Das Fehlen eines Nachweises dieses Moleküls im interstellaren Raum hat die Astronomie seit Langem vor ein Dilemma gestellt“, sagt Rolf Güsten vom Max-Planck-Institut für Radioastronomie in Bonn.

In den 1970er-Jahren lieferten Modelle erste Hinweise darauf, dass das Molekül nicht nur im jungen Kosmos, sondern unter geeigneten Bedingungen auch in Planetarischen Nebeln entstehen könnte. Dabei handelt es sich um Gaswolken, die Sterne am Ende ihrer Entwicklung ausstoßen. Auf der Suche nach Heliumhydrid beobachteten Güsten und seine Kollegen den Planetarischen Nebel NGC 7027 mit dem hochauflösenden Infrarotspektrometer GREAT an Bord des Observatoriums SOFIA. Mit dem Spektrometer ließ sich nun die Strahlung nachweisen, die typischerweise von den Heliumhydridmolekülen abgegeben wird. Diese hat eine Wellenlänge von 0,149 Millimetern und entspricht damit einer Frequenz von zwei Terahertz. Da Terahertzstrahlung von der Erdatmosphäre stark absorbiert wird, lässt sie sich nur aus dem Weltall oder von hochfliegenden Teleskopen wie SOFIA aus messen.

„Erst die jüngsten Fortschritte in der Terahertz-Technik haben es uns möglich gemacht, in diesem Strahlungsbereich hochauflösende Spektroskopie zu betreiben“, so Güsten. Die Messungen der Forscher zeigen, dass sich das Heliumhydrid – wie theoretisch erwartet – in Planetarischen Nebeln bildet. In diesem Bereich wird den neutralen Wasserstoffatomen durch die Strahlung des Sterns jeweils ein Elektron entrissen. Die Entdeckung zeige nun, so die Forscher, dass die Natur selbst unter extremen Bedingungen Moleküle hervorbringe.


Quelle: https://www.weltderphysik.de/gebiet/universum/nachrichten/2019/das-einfachste-molekuel-des-universums/