Elektrostatik macht Planeten möglich

Experimente und Simulationen zeigen, dass nur elektrostatisch aufgeladene Staubkörnchen zu Gesteinsbrocken und schließlich zu Planeten anwachsen können.

Rainer Kayser

Materiescheibe um einen Stern

NASA

Planeten entstehen in den rotierenden Gas- und Staubscheiben um junge Sterne, indem winzige Staubkörnchen zusammenkleben und durch Kollisionen immer größere Materieklumpen formen. Doch in diesem anerkannten Modell der Planetenentstehung gibt es eine Lücke: Denn im Größenbereich von Millimetern bis Zentimetern sollten die Gesteinsbrocken voneinander abprallen – und das Wachstum stoppen. Mithilfe von Experimenten im Fallturm Bremen sowie Computersimulationen haben Wissenschaftler diese Lücke nun geschlossen, wie sie im Fachblatt „Nature Physics“ berichten.

Oben: Zusammenballungen von Glaskügelchen. Unten: Simulation der Zusammenballung, unterschiedliche Ladungen sind farbig kodiert.

Zusammenballung in Experiment und Simulation

Tobias Steinpilz von der Universität Duisburg-Essen und seine Kollegen ließen in ihren Experimenten millimetergroße Partikel in die Tiefe fallen, um die Bedingungen in protoplanetaren Scheiben zu reproduzieren. Zunächst führten sie die Versuche mit identischen Glaskügelchen durch, anschließend kamen auch winzige Kügelchen aus Basalt zum Einsatz. In beiden Fällen war zu beobachten, dass sich die Partikel elektrostatisch aufladen. „Die Kollisionen erzeugen entgegengesetzt geladene Körnchen, selbst wenn die Körnchen identisch sind“, erläutert Steinpilz. Diese entgegengesetzte Aufladung führt zu einer gegenseitigen Anziehung der Partikel und verhindert damit ein Abprallen. Auf diese Weise können zentimetergroße Materieklumpen entstehen. In den Gas- und Staubscheiben um junge Sterne wäre damit die Basis für die nächsten Stufen der Planetenentstehung gelegt.

Mithilfe von Computersimulationen konnte das Team bestätigen, dass sich zentimetergroße Objekte tatsächlich nur dann bilden können, wenn sich die kleineren Körnchen elektrostatisch aufladen. In den Experimenten war die elektrostatische Aufladung von Basalt zehnmal stärker als die der Glaskügelchen. Das stärkt den Befund der Forscher, dass die elektrostatische Aufladung eine entscheidende Rolle beim Überwinden der „Abprall-Barriere“ bei der Planetenentstehung spielt. Denn Basalt kommt der chemischen Zusammensetzung des Staubs um junge Sterne näher als Glas.

Quelle: https://www.weltderphysik.de/gebiet/universum/nachrichten/2019/elektrostatik-macht-planeten-moeglich/