Erdähnlicher Planet ohne Atmosphäre

Die von Roten Zwergen ausgehenden Sternwinde können die Gashüllen naher Planeten wegblasen, wie ein fünfzig Lichtjahre entfernter Gesteinsplanet nun belegt.

Rainer Kayser

Rötlicher Planet mit Kratern ohne Atmosphäre

NASA

Die meisten bislang entdeckten Gesteinsplaneten ziehen ihre Bahn um rote Zwergsterne. So auch der fünfzig Lichtjahre von uns entfernte Exoplanet LHS 3844b. Ein internationales Forscherteam fand nun heraus, dass der erdähnliche Himmelskörper keine Atmosphäre besitzt. Vermutlich haben starke Sternwinde seine Gashülle weggeblasen – ein Schicksal, das auch anderen extrasolaren Planeten um Roten Zwergen drohen könne, so die Wissenschaftler im Fachblatt „Nature“.

Rote Zwergsterne besitzen eine geringere Masse, eine geringere Leuchtkraft und eine niedrigere Temperatur als unsere Sonne. Deshalb liegt die habitable Zone – also jener Bereich, in dem flüssiges Wasser auf der Oberfläche möglich wäre – deutlich näher am Stern. Planeten in dieser Region sind somit einer höheren Belastung durch energiereiche Strahlung ausgesetzt. „Theoretische Modelle sagen außerdem voraus, dass diese Planeten stärker vom Verlust ihrer Atmosphären bedroht sind als ihre Gegenstücke in unserem Sonnensystem“, so Laura Kreidberg vom Harvard-Smithsonian Center for Astrophysics in den USA. Diese Vorhersage konnte die Forscherin nun zusammen mit ihren Kollegen bestätigen.

Das Team wertete dazu Daten des Weltraumteleskops Spitzer aus. Die Beobachtungen über einen Zeitraum von insgesamt hundert Stunden offenbaren, dass LHS 3844b den Zwergstern alle elf Stunden umrundet und ihm dabei stets dieselbe Seite zeigt. Infolgedessen heizt sich seine Oberfläche auf etwa 750 Grad Celsius auf, während die sternabgewandte Seite eine Temperatur nahe dem absoluten Nullpunkt aufweist. Zwischen Tag- und Nachtseite findet anscheinend kein Temperaturausgleich statt, folgern die Astronomen. Dies belege, dass der Planet keine dichte Atmosphäre besitzen kann.

Und eine dünne Lufthülle dürfte durch den starken Sternwind sehr schnell abgebaut werden, legen vom Team eingesetzte Computermodelle nahe: Der kontinuierliche Partikelstrom, der vom Zwergstern ausgeht, würde die Atome oder Moleküle in der Planetenatmosphäre ins All blasen. „Wir gehen daher davon aus, dass es sich bei LHS 3844b um einen Gesteinsplaneten ohne signifikante Atmosphäre handelt“, so Kreidberg. Weiter vom Stern entfernte und damit kühlere Planeten könnten den Forschern zufolge aber durchaus eine Atmosphäre besitzen. Eine ähnlich genaue Analyse von solchen Exoplaneten sei aber erst mit dem James-Webb-Weltraumteleskop möglich, das voraussichtlich 2021 starten soll.

Quelle: https://www.weltderphysik.de/gebiet/universum/nachrichten/2019/erdaehnlicher-planet-ohne-atmosphaere/