Kochsalz auf Europa

Beobachtungen mit dem Weltraumteleskop Hubble liefern neue Erkenntnisse über den Ozean auf dem Jupitermond.

Rainer Kayser

Schwarz-weiß-Aufnahme einer zerklüfteten Region, die wie eine zerbrochene und wieder gefrorene Eisdecke aussieht.

NASA

Europa ist der kleinste der vier großen Jupitermonde. Seine Oberfläche ist von einer dicken Kruste aus Wassereis bedeckt, darunter befindet sich vermutlich ein Ozean. Mit dem Weltraumteleskop Hubble haben Astronomen jetzt Ablagerungen aus Natriumchlorid – also Kochsalz – auf Europa nachgewiesen. Dieses Salz könnte aus dem unterirdischen Ozean stammen, berichtet das Team nun im Fachblatt „Science Advances“. Damit gebe es am Grund des verborgenen Meeres womöglich ähnlich wie auf der Erde hydrothermale Zirkulationen, die als Energiequelle für Mikroorganismen dienen könnten.

Frühere Messungen mit der Raumsonde Galileo hatten bereits gezeigt, dass es Schwefelsalze auf der Oberfläche von Europa gibt. Doch diese könnten durch chemische Prozesse aus Schwefel entstanden sein, der nicht aus dem Ozean, sondern vom vulkanisch aktiven Jupitermond Io stammt. Samantha Trumbo vom California Institute of Technology in den USA und ihre Kollegen analysierten nun von Europa reflektiertes Licht, das Hubble im Jahr 2017 aufgefangen hatte. In dem aufgezeichneten Spektrum stieß das Team in einem Wellenlängenbereich von etwa 400 bis 500 Nanometern auf eine Abschwächung der Strahlung – charakteristisch für Natriumchlorid.

Der Fundort liegt in einer geologisch jungen Region auf Europa: Große Eisplatten sind hier offenbar auseinandergebrochen und haben sich gegeneinander verdreht. Zwischen den Eisplatten ist vermutlich Material aus dem Ozean an die Oberfläche gequollen. Daher vermuten Trumbo und ihre Kollegen, dass das Kochsalz nicht wie die Schwefelsalze aus dem Weltraum stammt, sondern aus dem Ozean. „Das hat erhebliche Konsequenzen für unser Verständnis von der internen Chemie und der geochemischen Evolution des Ozeans“, so die Forscher.

Als mögliche Ursache für die Entstehung eines mit Natriumchlorid angereicherten Ozeans sehen die Wissenschaftler hydrothermale Zirkulationen. Dabei dringt Wasser tief in Spalten und Risse am Ozeanboden ein und erhitzt sich dort. Dabei löst das Wasser chemische Verbindungen aus dem Gestein, die es dann in den Ozean transportiert. Solche Prozesse könnten auch eine wichtige Rolle bei der Entstehung von Leben und zum Erhalt von unterseeischen Ökosystemen spielen. „Ob der Ozean unter der Oberfläche von Europa lebensfreundlich ist oder nicht, hängt von seiner chemischen Zusammensetzung und der verfügbaren Energie ab“, so die Forscher um Trumbo. Die Beobachtungen mit Hubble liefern erstmals Hinweise auf diese beiden Faktoren.

Quelle: https://www.weltderphysik.de/gebiet/universum/nachrichten/2019/kochsalz-auf-europa/