Mit Stoßwellen durchs Filament

Zwischen zwei Galaxienhaufen stießen Astronomen auf extrem schnelle Elektronen, die sich mit bisherigen Modellen nicht erklären lassen.

Rainer Kayser

Zwei durch eine Brücke verbundene leuchtende Strukturen.

DSS/Pan-STARRS1/NASA/INAF/ASTRON

Galaxienhaufen sind die größten bekannten Strukturen im Kosmos – sie bestehen teils aus Tausenden von Galaxien. Verbunden sind solche Haufen durch langgestreckte Filamente aus Dunkler Materie, Gas und einigen wenigen Galaxien. Nun entdeckten Astronomen zwischen den rund zehn Millionen Lichtjahre voneinander entfernten Galaxienhaufen Abell 0399 und Abell 0401 neben einer Materiebrücke auch Magnetfelder und extrem schnelle Elektronen. Die beiden Galaxienansammlungen bewegen sich aufeinander zu und damit verbundene Gasströmungen könnten für die beobachteten Phänomene verantwortlich sein, schreiben die Forscher im Fachblatt „Science“.

Zwei durch eine Brücke verbundene leuchtende Strukturen. Zwei kleine Bilder zeigen Ansammlungen von Galaxien.

Galaxienhaufen Abell 0399 und Abell 0401

Federica Govoni vom Cagliari Observatorium im italienischen Selargius und ihre Kollegen beobachteten die 900 Millionen Lichtjahre von uns entfernten Galaxienhaufen mit der Radioteleskopanlage LOFAR. In dem Filament zwischen Abell 0399 und Abell 0401 stießen die Forscher auf ungewöhnliche Radiostrahlung. Die Messdaten ließen sich nur durch extrem schnelle Elektronen in einem Magnetfeld erklären, schreiben die Astrophysiker. Dieses Ergebnis widerspricht den bisherigen Annahmen. Demnach können solche relativistischen Elektronen in den Filamenten zwischen Galaxienhaufen maximal 300 000 Lichtjahre zurücklegen – also eine viel zu geringe Strecke, um die aktuelle Beobachtung zu erklären.

Durch die gegenseitigen Anziehungskräfte bewegen sich Abell 0399 und Abell 0401 aufeinander zu und werden innerhalb von mehreren Milliarden Jahren schließlich miteinander verschmelzen. Die Forscher um Govoni vermuten nun, dass turbulente Strömungen in den gigantischen intergalaktischen Gasmassen zu Stoßwellen – also starken Druckwellen – führen. Computersimulationen des Teams zeigen, dass diese Stoßwellen die Elektronen dann immer wieder auf relativistische Geschwindigkeiten beschleunigen können. Auf diese Weise lässt sich die enorme Distanz zwischen den beiden Galaxienhaufen überbrücken.

Quelle: https://www.weltderphysik.de/gebiet/universum/nachrichten/2019/mit-stosswellen-durchs-filament/