Überraschend aktiver Asteroid

Nahaufnahmen von Bennu zeigen, dass regelmäßig kleine Partikel von der Oberfläche des Asteroiden in die Höhe geschleudert werden.

Dirk Eidemüller

Beleuchtete Seite eines Asteroiden, um den kleine Gesteinsteilchen schweben

NASA/Goddard/University of Arizona/Lockheed Martin

Früher galten Asteroiden im Vergleich zu Kometen als vergleichsweise langweilige Himmelskörper. Doch in den vergangenen Jahren wandelte sich das Bild allmählich, denn Astronomen machten auch bei einigen Asteroiden eine gewisse Aktivität aus. Mit der Raumsonde OSIRIS-REx, die den Asteroiden Bennu umkreist, konnten Forscher dieses Phänomen aus nächster Nähe untersuchen. In der Zeitschrift „Science“ berichtet das Team nun über seine Beobachtungen.

Bennu hat einen Durchmesser von rund 500 Metern und dreht sich einmal in etwas mehr als vier Stunden um seine eigene Achse. Die Sonne umrundet der annähernd kugelförmige Himmelskörper innerhalb von 436 Tagen – in einem ähnlichen Abstand wie die Erde. Auf Nahaufnahmen von Bennu entdeckten Dante Lauretta von der University of Arizona in den USA und seine Kollegen, dass regelmäßig kleine Partikel von der Oberfläche in die Höhe geschleudert werden. Die meist einen bis mehrere Zentimeter großen Teilchen blieben teils in einem tagelangen Orbit, bevor sie wieder zurück auf den Asteroiden fielen. Einige Partikel überwanden aber auch die geringe Anziehungskraft von Bennu und verschwanden ins All.

Nach eingehender Analyse der Daten konnten Lauretta und sein Team mehrere mögliche Ursachen für die ungewöhnliche Oberflächenaktivität ausschließen: So scheide etwa ein durch die Rotation des Asteroiden verursachtes Auseinanderbröckeln aus. Und auch elektrostatische Abstoßungsprozesse oder die Sublimation von Wassereis scheinen nicht für den Teilchenausstoß verantwortlich zu sein. Infrage kommen dagegen der Einschlag von Mikrometeoriten oder das Ausgasen von Wassermolekülen aus Silikatgestein.

Am wahrscheinlichsten halten die Forscher aber ein thermisch bedingtes Aufbrechen von Gestein. Denn auf der von der Sonne angestrahlten Seite von Bennu heizt sich das Gestein auf. Die Oberfläche wird dabei teils bis zu hundert Grad heißer als Bodenschichten, die nur wenige Zentimeter darunterliegen. Das Gestein wird also innerhalb weniger Stunden – bei jeder Umdrehung – einem hohen Temperaturunterschied ausgesetzt. Am größten ist dieser Unterschied am jeweiligen „Nachmittag“. Und genau zu dieser Zeit stellten die Forscher auch die stärkste Aktivität auf dem Asteroiden fest.

Klarheit über die zugrunde liegenden Mechanismen dürften spätestens die Gesteinsproben von Bennu bringen, die OSIRIS-REx zur Erde befördern soll. Die Prozesse zu kennen, sei enorm wichtig, so die Forscher. Davon hänge nämlich ab, wie aktiv andere Asteroiden sein können und welchen Anteil solche Emissionsprozesse an der interplanetaren Staubwolke haben, die unser Sonnensystem durchzieht.


Lauretta et al./Science

Von der Oberfläche des Asteroiden Bennu werden regelmäßig kleine Partikel in die Höhe geschleudert. Dieses Video zeigt die Flugbahnen einiger Teilchen, die Bennu am 19. Januar 2019 ausstieß.

Quelle: https://www.weltderphysik.de/gebiet/universum/nachrichten/2019/ueberraschend-aktiver-asteroid/