Asteroid unter Beschuss
Der rund 900 Meter große Asteroid Ryugu ist lediglich neun Millionen Jahre alt – seine Oberfläche vermutlich sogar jünger als 100 000 Jahre. Zu diesem Ergebnis kommt ein internationales Forscherteam, nachdem es die beim Einschlag eines künstlichen Projektils von der japanischen Raumsonde Hayabusa 2 durchgeführten Messungen auswertete. Im April 2019 hatte das zweieinhalb Kilogramm schwere Kupferprojektil einen zehn Meter großen Krater in die Oberfläche des erdnahen Asteroiden geschlagen, berichten die Wissenschaftler im Fachblatt „Science“.
Ryugu ist ähnlich weit von der Sonne entfernt wie die Erde und kreuzt auf seinem Orbit sogar die Umlaufbahn der Erde. Die im Dezember 2014 gestartete Raumsonde Hayabusa 2 traf am 27. Juni 2018 bei dem Asteroiden ein und führte dort zahlreiche Untersuchungen durch. „Ryugu gleicht einem Trümmerhaufen“, schildert Masahiko Arakawa von der Universität Kobe in Japan. Denn er bestehe aus locker gepacktem Gestein – den Trümmerstücken zahlloser Kollisionen in der Geschichte des Sonnensystems. Da äußere Einflüsse die Oberfläche des Asteroiden laufend verändern, interessieren sich Forscher insbesondere für unverfälschtes Material aus tieferen Schichten. Das Projektil, das am 5. April 2019 auf Ryugu stürzte, legte diese ursprüngliche Materie frei. Rund drei Monate später entnahm man mithilfe von Hayabusa 2 mehrere Proben am Boden des Einschlagkraters. Die Sonde befindet sich derzeit samt Proben auf der Rückreise zur Erde.
Doch schon jetzt lassen sich wertvolle Informationen aus den Experimenten gewinnen. So zeigt die Größe des Kraters, dass die Oberfläche des Asteroiden allein durch die Schwerkraft und nicht durch Kohäsionskräfte zusammengehalten wird. Dieses Resultat hat erhebliche Konsequenzen für das Alter von Ryugu, das sich anhand der Verteilung von Kratern auf seiner Oberfläche abschätzen lässt. Theoretische Modelle, in denen die Kohäsion dominiert, liefern ein Alter von 160 Millionen Jahren. Dominiert dagegen die Schwerkraft, ergeben die Modelle ein Alter von lediglich neun Millionen Jahren. Der durch den Einschlag entstandene Krater spricht also für einen deutlich jüngeren Himmelskörper, folgern Arakawa und seine Kollegen.
Hayabusa 2 soll die Erde im Dezember 2020 erreichen. Dann wirft die Sonde einen Behälter mit den gesammelten Gesteinsproben ab, der – wenn alles nach Plan läuft – mit einem Fallschirm in Australien niedergeht. Die Bodenproben sollen anschließend in einer speziellen Einrichtung in Japan analysiert werden. Kleine Mengen stehen auf Anfrage aber auch Forschern in aller Welt zur Verfügung.
Quelle: https://www.weltderphysik.de/gebiet/universum/nachrichten/2020/asteroid-unter-beschuss/