Lichtblitz aus dem jungen Kosmos
In einer Galaxie im jungen Kosmos spürte ein internationales Forscherteam einen wenige Minuten andauernden Lichtblitz auf: Nur 420 Millionen Jahre nach dem Urknall flackerte dort ein explodierender Stern auf. Und der gehörte offenbar bereits zur zweiten Generation von Sternen im Universum, berichten die Wissenschaftler im Fachblatt „Nature“. Die ersten Sterne im Kosmos müssen demnach noch früher entstanden sein als bislang angenommen.
Bereits in den Jahren 2017 und 2018 beobachteten Linhua Jiang von der Universität Beijing in China und seine Kollegen die weit entfernte Galaxie GN-z11 mit dem Keck-Teleskop auf Hawaii. Ihr Ziel war es, das Lichtspektrum des Systems möglichst genau zu vermessen. Denn anhand der exakten Lage der einzelnen Spektrallinien lässt sich die Rotverschiebung der Galaxie bestimmen. Dieser Wert beschreibt, wie stark die Wellenlänge des ausgesandten Lichts auf dem Weg zur Erde gestreckt wurde. Schließlich dehnt sich das Universum seit dem Urknall aus – und mit ihm das Licht, das von fernen Himmelsobjekten zu uns gelangt. Vereinfacht lässt sich sagen: Je weiter eine Galaxie entfernt ist, desto stärker verschiebt sich ihr Lichtspektrum in den roten Spektralbereich. Damit ist die Rotverschiebung ein Maß für die Entfernung eines Sternsystems.
Frühere Beobachtungen mit dem Weltraumteleskop Hubble hatten gezeigt, dass die Rotverschiebung von GN-z11 etwa einen Wert von 11 besitzt. Die Messungen von Jiang und seinem Team liefern jetzt einen Wert von 10,957. Die Differenz mag sich klein anhören, doch zählt GN-z11 damit zu den am weitesten entfernten Galaxien, die bislang bekannt sind: Ihr Licht benötigt 13,37 Milliarden Jahre, um zur Erde zu gelangen. Die Astronomen sehen diese Galaxie demnach so, wie sie vor 13,37 Milliarden Jahren aussah, gerade einmal 420 Millionen Jahre nach dem Urknall. Es handelt sich also zugleich um einen Blick in die Frühzeit des Kosmos.
Die enorme Distanz macht den Lichtblitz, den die Forscher am 7. April 2017 registrierten, besonders spannend. Denn berücksichtigt man die Rotverschiebung, muss es sich dabei ursprünglich um einen energiereichen Blitz im ultravioletten Spektralbereich gehandelt haben. Solche UV-Blitze kennen Astronomen bereits als Begleitphänomen von energiereichen Gammastrahlenausbrüchen, ausgelöst durch Sternexplosionen. Der bisherige Rekord für solche Strahlungsblitze lag bei einer Rotverschiebung von 9,4. Die Beobachtungen von Jiang und seinen Kollegen zeigen, dass es noch früher in der kosmischen Geschichte zu solchen Explosionen gekommen ist.
Statistische Analysen ergaben zudem, dass solche Blitze in jener Epoche wahrscheinlich sehr viel häufiger auftraten als bislang angenommen. Mehr noch: Sternexplosionen, die zu Gamma- und UV-Blitzen führen, sollten gemäß theoretischen Modellen durch den Kollaps von Sternen entstehen, die bereits zur zweiten Sterngeneration im Kosmos gehörten. Denn die Himmelskörper enthalten chemische Elemente, die sich nur in einer noch früheren Sternengeneration gebildet haben können. Die ersten Sterne müssen also bereits in einer noch früheren Epoche entstanden sein.
Quelle: https://www.weltderphysik.de/gebiet/universum/nachrichten/2020/lichtblitz-aus-dem-jungen-kosmos/