Neues zur Mondentstehung

Eine neue Analyse von lunaren Gesteinsproben unterstützt die These, dass der Erdtrabant aus einer Kollision von Erde und einem marsgroßen Objekt hervorging.

Rainer Kayser

Die Aufnahme zeigt den Mond am Nachthimmel.

NASA

In der Entstehungsphase unseres Sonnensystems vor 4,5 Milliarden Jahren stieß ein etwa marsgroßer Himmelskörper mit der Erde zusammen. Aus den Trümmern dieser Kollision formte sich der Mond, nehmen Astronomen an. Diese Theorie kann allerdings nur schwer erklären, warum Gesteinsproben von Mond und Erde nahezu identische Isotopenverhältnisse bei dem Element Sauerstoff aufweisen. Wissenschaftler haben die Proben der Apollo-Missionen nun erneut analysiert und fanden heraus, dass das Verhältnis von verschiedenen Sauerstoffisotopen darin durchaus variiert. Dieses Ergebnis sei ein weiterer Beleg für die bisher favorisierte Kollisionstheorie der Mondentstehung, so das Team im Fachblatt „Nature Geoscience“.

Wenn der Mond tatsächlich aus den Bruchstücken zweier unterschiedlicher Himmelskörper hervorging, sollte sich das in seiner chemischen Zusammensetzung widerspiegeln. Diese müsste sowohl Elemente der Erde als auch des „Theia“ genannten Himmelskörpers enthalten. Frühere Analysen von Mondgestein zeigten allerdings, dass der Erdtrabant und die Erde sich in ihrer chemischen Zusammensetzung erstaunlich ähnlich sind – und nahezu identische Verhältnisse an Sauerstoffisotopen aufweisen. Als Isotope bezeichnet man Atome ein und desselben Elements, die in ihrem Kern zwar dieselbe Anzahl von Protonen, aber eine unterschiedliche Anzahl von Neutronen besitzen. Das Kollisionsmodell kann die chemische Ähnlichkeit zwischen Erde und Mond zwar gut erklären. Die identischen Isotopenverhältnisse lassen sich damit allerdings nur verstehen, wenn man extrem unwahrscheinliche Annahmen trifft: Entweder glich sich die chemische Zusammensetzung der frühen Erde und Theia oder aber die Materie beider Himmelskörper durchmischte sich durch den Aufprall vollständig.

Erick Cano von der University of New Mexico in den USA und seine Kollegen konnten in ihren Analysen nun nachweisen, dass die Häufigkeit der verschiedenen Sauerstoffisotope von der Art des untersuchten Gesteins abhängt. „Unsere Daten deuten darauf hin, dass tief aus dem lunaren Mantel stammende Gesteinsproben mehr schwerere Sauerstoffisotope enthalten als irdisches Gestein“, erläutert Cano. Die Forscher erklären diese Ergebnisse mit der Entstehungsgeschichte der unterschiedlichen Gesteinsarten. Gestein mit einem größeren Anteil an leichten Sauerstoffisotopen blieb länger gasförmig, lagerte sich dadurch später ab und bedeckte so das Gestein mit einem höheren Gehalt an schwereren Isotopen. In der späteren Geschichte des Mondes förderten Meteoriteneinschläge dann das Gestein aus der Tiefe an die Oberfläche – wo Apollo-Astronauten schließlich ihre Proben einsammelten. „Die aus dem tiefen Mantel stammenden Proben sind eher repräsentativ für den Einschlagkörper“, so Cano. Die chemische Zusammensetzung der frühen Erde und Theia könnte also durchaus unterschiedlich gewesen sein. Damit liefern Cano und sein Team wichtige neue Erkenntnisse über die Entstehungsgeschichte des Mondes.

Quelle: https://www.weltderphysik.de/gebiet/universum/nachrichten/2020/neues-zur-mondentstehung/