Unsere Sonne ist anders
Sterne, die ansonsten in jeder Hinsicht unserer Sonne ähneln, zeigen im Mittel eine fünfmal höhere Aktivität. Zu diesem Ergebnis kommt ein internationales Forscherteam, nachdem es jahrelange Messungen der Weltraumteleskope Kepler und Gaia auswertete. Erklären könne man sich diesen Unterschied bislang nicht, so die Wissenschaftler im Fachblatt „Science“. Es sei aber denkbar, dass auch die Sonne künftig Phasen mit erheblich stärkerer Aktivität durchläuft.
Die Sonne existiert seit 4,5 Milliarden Jahren, doch ihre Aktivität lässt sich nur über etwa 9000 Jahre zurückverfolgen. Um weitere Erkenntnisse zu gewinnen, beobachten Astronomen daher Sterne, die unserer Sonne stark ähneln. Die bislang detaillierteste Analyse dazu legen jetzt Timo Reinhold vom Max-Planck-Institut für Sonnensystemforschung in Göttingen und seine Kollegen vor. Die Forscher haben aus den Daten der Weltraumteleskope Kepler und Gaia insgesamt 369 Sterne mit möglichst sonnenähnlichen Eigenschaften herausgesucht: Sie besitzen nahezu dieselbe Temperatur, Schwerkraft und chemische Zusammensetzung, sind etwa gleich alt und rotieren gleich schnell.
Aus den gemessenen Helligkeitsschwankungen der Sterne können die Forscher deren Aktivität ableiten. Während die Strahlung der Sonne im Mittel lediglich um 0,07 Prozent variiert, stellte das Team um Reinhold bei den untersuchten Sternen durchschnittlich fünfmal stärkere Schwankungen fest. Mit diesem Ergebnis hatten die Wissenschaftler nicht gerechnet. Denn es würde bedeuten, dass es bislang unbekannte, aber fundamentale Unterschiede zwischen ansonsten identischen Sternen gibt. Doch es gäbe auch eine andere Möglichkeit: Vielleicht lieferten die verfügbaren Daten über die Sonnenaktivität bisher einfach ein unvollständiges Bild. „Es ist vorstellbar, dass unsere Sonne sich seit Jahrtausenden in einer ruhigen Phase befindet“, sagt Reinhold, „dann hätten wir eine völlig falsche Vorstellung von ihrer Aktivität.“
Wenn Sterne tatsächlich Phasen unterschiedlich starker Aktivität durchlaufen, könnte also auch unsere Sonne zu anderen Zeiten erheblich aktiver sein. Dann würden vermehrt Eruptionen auf ihrer Oberfläche stattfinden und energiereiche Teilchen zur Erde schleudern. Solche geomagnetischen Stürme können gravierende Folgen für Satelliten, Kommunikations- und Stromversorgungsnetze haben. Ein Verständnis der Ursachen und der Variabilität der Sonnenaktivität ist deshalb von großem Interesse.
Quelle: https://www.weltderphysik.de/gebiet/universum/nachrichten/2020/unsere-sonne-ist-anders/