Blick in das Innere von Saturn
Um Hinweise auf die Entstehungsgeschichte eines Himmelskörpers zu erhalten, untersuchen Forscher oftmals den inneren Aufbau. Seismologische Analysen auf der Erde, dem Mond und inzwischen auch auf dem Mars liefern etwa sehr genaue Informationen über die Größe und die Zusammensetzung von Kern, Mantel und Kruste der Planeten. Wie zwei Forscher nun zeigen, lässt sich auf ähnliche Weise auch ein Blick in das Innere des Riesenplaneten Saturn werfen. Seismische Wellen im Ringsystem des Planeten zeigen, dass der Kern wesentlich größer ist als bislang angenommen, so die Wissenschaftler im Fachblatt „Nature Astronomy“.
Bislang analysierten Forscher das Gravitationsfeld von Riesenplaneten wie Jupiter oder Saturn, um auf ihre innere Struktur rückzuschließen. Dazu verglichen sie die Flugbahn von Raumsonden in deren Umgebung mit den Vorhersagen von theoretischen Modellen zum inneren Aufbau. „Diese Daten sind jedoch besonders empfindlich bezüglich der äußeren Schichten eines Planeten“, erläutern Christopher Mankovich und Jim Fuller vom California Institute of Technology in den USA. Denn der Kern eines Planeten beeinflusst dessen Gravitationsfeld nur gering, so dass sich seine Masse und Kompaktheit auf diese Art sehr schwer messen lässt.
Doch dank seines ausgedehnten Ringsystems bietet Saturn den Forschern eine weitere Möglichkeit, um Informationen über den inneren Aufbau zu erhalten. So zeigten Messungen der US-amerikanischen Raumsonde Cassini, die von 2004 bis 2017 den Planeten umkreiste, dass sich in den Ringen des Riesenplaneten seismische Wellen ausbreiten. Diese werden wiederum durch Schwankungen des Gravitationsfelds verursacht. Mankovich und Fuller werteten die Messdaten der Raumsonde nun erneut aus, verknüpften sie mit dem Gravitationsfeld von Saturn und analysierten welcher innere Aufbau mit den Ergebnissen kompatibel ist.
Demnach erstreckt sich der Kern über bis zu 60 Prozent des Planetenradius – damit ist er erheblich größer als bislang angenommen. Auch ihre Modelle zur Zusammensetzung des Kerns müssen Astronomen nun revidieren: Bisher vermuteten sie, der Kern bestehe aus schweren Elementen und sei von einer klar abgrenzbaren Hülle aus Wasserstoff und Helium umgeben. Doch die seismischen Wellen der Saturnringe lassen sich nur erklären, wenn sich der Kern aus einem Gemisch von schweren Elementen mit Wasserstoff und Helium zusammensetzt, das sich außerdem von innen nach außen ändert.
Die überraschenden Ergebnisse zeigen also, dass der Übergang vom Kern zur Planetenhülle nicht an einer klar definierten Grenze stattfindet, sondern diffus verläuft. Diese neuen Erkenntnisse über den inneren Aufbau von Saturn stellen zwar die derzeitigen Modelle zur Planetenentstehung auf die Probe. Doch laut Mankovich und Fuller ließen sich daraus wertvolle Informationen darüber gewinnen, wie sich im jungen Sonnensystem der Kern von Saturn aus Gas, Staub und Gesteinsbrocken gebildet hat.
Quelle: https://www.weltderphysik.de/gebiet/universum/nachrichten/2021/blick-in-das-innere-von-saturn/