Trümmer aus dem jungen Sonnensystem
Etwas über ein Jahr ist es her, dass die Raumsonde Hayabusa 2 eine Probenkapsel über Australien abwarf. Darin enthalten: 5,4 Gramm Gesteinskörnchen von der Oberfläche des erdnahen Asteroiden Ryugu. Nun analysierten zwei Forscherteams die Gesteinsproben und zeigten: Das Material ist dunkler, poröser und zerbrechlicher als erwartet, wie sie im Fachblatt „Nature Astronomy“ berichten.
Ryugu ist etwa 900 Meter groß, kreuzt die Bahn der Erde und gehört zu einer Klasse von Asteroiden, die viel Kohlenstoff enthält. „Das sind vermutlich noch sehr ursprüngliche kleine Himmelskörper aus der Entstehungszeit des Sonnensystems“, erläutern Toru Yada von der japanischen Weltraumbehörde JAXA und seine Kollegen. Bisherige Analysen deuteten bereits darauf hin, dass Wasser und organische Stoffe im Gestein vorkommen. Neue Ergebnisse, so die Forscher, könnten „Auskunft über die Entwicklung des Sonnensystems und insbesondere der Bausteine des Lebens geben.“
Um Gesteinsproben von dem Asteroiden einzusammeln, war am 3. Dezember 2014 die Raumsonde Hayabusa 2 gestartet und hatte Ryugu am 27. Juni 2018 erreicht. Die Sonde setzte insgesamt vier Lander auf der Oberfläche ab, die sich wegen der geringen Schwerkraft an der Oberfläche verankern mussten. Anschließend setzte die Hauptsonde zwei Mal auf der Oberfläche auf und entnahm mit einer speziellen Vorrichtung Bodenproben. Am 13. November 2019 machte sich Hayabusa 2 dann auf den Rückweg zur Erde und landete im Dezember 2020 in Südaustralien. Seitdem werden die Gesteinsproben unter extremen Reinheitsbedingungen im Extraterrestrial Samples Curation Center in Japan aufbewahrt: Sie dürfen unter keinen Umständen durch irdische Einflüsse verunreinigt werden.
Anschließend untersuchten Yada und sein Team vorsichtig die Beschaffenheit der Gesteinsproben. Sie zeigten, dass das Material aus kleinen Körnchen besteht, die maximal wenige Millimeter groß sind. Mit einer Dichte von 1,28 Gramm pro Kubikzentimeter ist es leichter und selbst auf kleinsten Skalen noch deutlich poröser als typisches Gestein, wie es als Meteoriten von Asteroiden wie Ryugu auf die Erde gelangt, so die Forscher. Zum Vergleich: Die Dichte typischer irdischer Sandkörner ist mit 2,65 Gramm pro Kubikzentimeter mehr als doppelt so hoch. Die hohe Porosität zeigt nach Ansicht der Forscher, dass Ryugu aus den Trümmern einer Kollision zweier größerer Himmelskörper entstanden ist. Überraschend für die Forscher ist außerdem die Dunkelheit des Gesteins: Es reflektiert lediglich zwei Prozent des eingestrahlten Lichts. Demzufolge, so die Forscher, muss es viele dunkle, kohlenstoffhaltige Substanzen enthalten.
In einer weiteren Studie nahmen Cédric Pilorget von der Universität Paris-Saclay in Orsay und seine Kollegen die Gesteinsprobe sprichwörtlich unter die Lupe. Mit einem speziellen, MicrOmega genannten, Mikroskop untersuchten sie die mineralogische und molekulare Zusammensetzung der Gesteinskörnchen bis hinab auf eine Skala von Hundertstel Millimetern. Ihre Analyse zeigte, dass im Gestein Wassermoleküle und viele organische Stoffe enthalten sind – eine Schlussfolgerung, zu der auch Yada und sein Team in deren Studie gekommen waren. Dies deute darauf hin, so die Forscher, dass Ryugu aus einer faszinierenden Vielfalt von Gesteinskörnchen aufgebaut ist.
„Die Proben sind bislang einzigartig“, so Pilorget. Denn sie tragen dazu bei, die Entstehung und Entwicklung des Sonnensystems besser zu verstehen. Nun hoffen die Forscher auf weitere aufschlussreiche Ergebnisse aus den Gesteinsproben von Ryugu: So stehen nach den ersten zerstörungsfreien Analysen künftig Teile der Proben auch anderen Forschungsgruppen in aller Welt für weitergehende Laboruntersuchungen zur Verfügung.
Hayabusa 2 kehrt zurück
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Quelle: https://www.weltderphysik.de/gebiet/universum/nachrichten/2021/truemmer-aus-dem-jungen-sonnensystem/