Moleküle in protoplanetarer Scheibe

In der Nähe entstehender Planeten haben Forscherinnen außergewöhnlich komplexe organische Bausteine des Lebens nachgewiesen.

Rainer Kayser

Kreisförmiger, wolkiger Wirbel um einen leuchtenden Mittelpunkt im All.

ESO/L. Calçada

Der 444 Lichtjahre entfernte Stern IRS 48 ist von einer Scheibe aus Gas und Staub umgeben, in der vermutlich Planeten entstehen. Forscherinnen haben in dieser Scheibe nun erstmals das aus neun Atomen bestehende Molekül Dimethylether nachgewiesen – ein möglicher Baustein für die Entstehung von Leben. Vermutlich gebe es dort auch noch größere und komplexere Moleküle, so die Wissenschaftlerinnen im Fachblatt „Astronomy & Astrophysics“.

Seit langem wissen Astronomen, dass sich bereits in dichten Gaswolken – aus denen Sterne entstehen – komplexe organische Moleküle bilden können. Diese Verbindungen auf der Basis von Kohlenstoff gelten als die Bausteine des Lebens. Forscher vermuteten, dass die Moleküle von dort aus auch in protoplanetare Scheiben vordringen, in denen sich aus Gas und Staub Planeten bilden. Unter geeigneten Bedingungen könnten die komplexen Moleküle auf den Planeten dann die Entstehung von Leben anstoßen. Doch bislang haben Wissenschaftler in protoplanetaren Scheiben nur sehr einfache Verbindungen wie Methanol gefunden.

Auf der Suche nach komplexeren Molekülen haben Nashanty Brunken von der Sternwarte Leiden und ihre Kolleginnen nun den Stern IRS 48 mit der Radioteleskopanlage ALMA in Chile genau untersucht. Denn in der protoplanetaren Scheibe des Sterns befindet sich eine Region, in der sich – vermutlich durch die Schwerkraft eines entstehenden Planeten – viele Staubkörner ansammeln. Die Staubkörnchen sind wiederum von Eisschichten umhüllt, die auch größere organische Moleküle enthalten können. Verdampft das Eis durch die Hitze des jungen Sterns, werden auch diese Moleküle freigesetzt. Dabei geben sie eine charakteristische Strahlung ab, die sich, so die Hoffnung der Forscherinnen, nachweisen ließe.

Tatsächlich gelang es den Astronominnen, die Strahlung von verdampfendem Dimethylether einzufangen. Außerdem stießen sie bei ihren Beobachtungen auch auf Strahlung, die auf Ameisensäuremethylester hinweist – ein organisches Molekül aus acht Atomen. Aus solchen Molekülen können sich wichtige Grundbausteine für die Entstehung von Leben wie etwa Aminosäuren und Zucker bilden. „Wir können diese Moleküle jetzt von den Sternentstehungsregionen über protoplanetare Scheiben bis hin zu Kometen verfolgen“, fasst Nienke van der Marel von der Sternwarte Leiden die Ergebnisse zusammen. „Damit lernen wir auch etwas über die Entstehung des Lebens auf unserem Planeten“, erklärt Brunken, „und wir erhalten eine genauere Vorstellung davon, welches Potenzial es für die Entstehung von Leben in anderen Planetensystemen gibt.“

Staub und Moleküle in der protoplanetaren Scheibe um IRS 48

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Quelle: https://www.weltderphysik.de/gebiet/universum/nachrichten/2022/molekuele-in-protoplanetarer-scheibe/