Warum kühlte der Mars ab?

Der Klimaumschwung auf dem Mars vor drei Milliarden Jahren wurde durch andere Effekte angetrieben als bislang vermutet.

Rainer Kayser

Luftaufnahme einer felsigen Landschaft auf dem Mars, auf dem eine geschwungene Vertiefung zu erkennen ist

NASA/JPL-Caltech/University of Arizona

Vor 3,6 bis 3,0 Milliarden Jahren war der Mars – ganz ähnlich der Erde – noch ein warmer Planet mit flüssigem Wasser auf der Oberfläche. Doch dann kühlte er schlagartig ab, das Wasser verschwand und er wurde zu dem Wüstenplaneten, den wir heute kennen. Der Verlust des Treibhausgases Kohlendioxid, so die gängige Hypothese, löste den Klimaumschwung aus. Doch neue Modelle einer Forschungsgruppe zeigen jetzt, dass diese Annahme nicht in Einklang mit der Klimageschichte des Mars steht. Vielmehr müssten andere Ursachen eine entscheidende Rolle gespielt haben, berichten die Planetenforscher im Fachblatt „Science Advances“.

Zahlreiche ausgetrocknete Flussbetten, Fließspuren um Krater und sogar Küstenlinien eines ausgedehnten Ozeans belegen, dass auf dem Mars einst ein lebensfreundlicheres Klima geherrscht hat. Möglicherweise ist damals, wie auf der Erde, auch auf dem Mars Leben entstanden. Widerstandfähige Einzeller könnten tief im Marsboden sogar bis heute überlebt haben. Warum aber hat sich unser Nachbarplanet vor drei Milliarden Jahren plötzlich um durchschnittlich zehn Grad abgekühlt? Um eine Antwort auf diese Frage zu finden, haben Edwin Kite von der University of Chicago und seine Kollegen von Wasser beeinflusste Strukturen – in erster Linie Flussbetten – untersucht.

Diese Strukturen stehen in engem Zusammenhang mit dem Klima auf dem Mars. Wie sie sich im Lauf der Geschichte des Planeten verändert haben, konnten die Forscher nun anhand von geologischen Daten feststellen. „Die Veränderungen lassen sich mit einem Schmelzwassermodell vergleichen, das wir wiederum aus Simulationen des Marsklimas erhalten“, erläutern Kite und seine Kollegen. In das Klimamodell des Roten Planeten gehen entscheidend die Dichte und die chemische Zusammensetzung seiner Atmosphäre ein – denn es sind die Treibhausgase, die den Planeten erwärmen. Die Forscher führten zahlreiche Simulationen mit unterschiedlichen atmosphärischen Veränderungen aus – und stießen auf einen überraschenden Befund.

Denn bislang sahen die meisten Planetenforscher den Verlust von Kohlendioxid als Hauptursache des Klimaumschwungs auf dem Mars. „Doch für uns unerwartet zeigt die Analyse des Treibhauseffekts innerhalb unserer globalen Klimamodelle, dass die Klimaänderung nicht in erster Linie durch Kohlendioxid, sondern durch andere Effekte angetrieben wurde.“

Welche Effekte das allerdings waren, können die Forscher aus ihren Modellen nicht ablesen. So könnten die Abnahme von Wasserdampf in der Atmosphäre oder die Bildung von Wolken aus Eiskristallen in der Hochatmosphäre, die einen signifikanten Anteil der Sonnenstrahlung reflektieren, mögliche Ursachen sein. Auch könnten andere Treibhausgase als Kohlendioxid eine Rolle gespielt haben. Unklar ist zudem, ob das Verschwinden des Wassers von der Oberfläche des Mars eine Folge oder eine Mitursache der Klimaänderung war. Die Forscher hoffen nun, aus der Analyse von Bodenproben weitere Informationen über die Klimageschichte des Roten Planeten zu erhalten.

Quelle: https://www.weltderphysik.de/gebiet/universum/nachrichten/2022/sonnensystem-warum-kuehlte-der-mars-ab/