Ozean auf Enceladus enthält Phosphor
Rainer Kayser und Redaktion
Der Ozean auf dem Saturnmond Enceladus enthält große Mengen an Phosphor – ein chemisches Element mit großer Bedeutung für die Entstehung und Entwicklung von Leben. Das zeigen Archivdaten der Raumsonde Cassini, die von einem Forschungsteam neu analysiert und mit Laborexperimenten auf der Erde verglichen worden sind. Damit erfülle der Ozean von Enceladus selbst die strengsten Bedingungen für die Einstufung als „lebensfreundlich“, schreiben die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler im Fachblatt „Nature“.
Neben Wasserstoff, Sauerstoff und Kohlenstoff gelten Natrium, Schwefel und Phosphor unter Forschenden als essentiell für die Existenz von Leben. Phosphor ist dabei nicht nur ein wichtiger Bestandteil der Erbsubstanz DNA, sondern auch das zentrale Element für den Energietransport in Zellen. Doch: „Phosphor ist von diesen sechs Elementen jenes, das im Kosmos am seltensten ist“, erläutern Frank Postberg von der Freien Universität Berlin und sein Team.
Bei der Suche nach Leben in unserem Sonnensystem sind in den vergangenen Jahren immer stärker die Eismonde der Planeten Jupiter und Saturn in den Fokus der Wissenschaft gerückt. Denn viele von ihnen besitzen unter kilometerdicken Eispanzern tiefe Ozeane aus flüssigem Wasser. Besonders interessant ist der Saturnmond Enceladus, der aus mehreren Fontänen Eispartikel und Wasserdampf tausende Kilometer weit ins All hinausschießt. Deren Analyse erlaubt Rückschlüsse auf die chemische Zusammensetzung des Ozeans unter dem Eis – und damit auch die Chance, erstmals Phosphor in einem Ozean jenseits der Erde nachzuweisen.
Für Analysen des Saturnmonds flog die US-Raumsonde Cassini mehrfach durch diese Fontänen hindurch und fing mit einem Spezialinstrument, dem Cosmic Dust Analyzer, Eispartikel ein. Darin wiesen Forschende ursprünglich zwar organische – also auf Kohlenstoff basierende – Moleküle nach, aber keinen Phosphor. Seither blieb umstritten, ob der Ozean von Enceladus ausreichende Mengen dieses Elements enthält, um die Existenz von Leben zu ermöglichen.
Jetzt haben Postberg und sein Team die Daten von insgesamt 345 von Cassini eingefangenen Eispartikeln neu und gründlicher als zuvor analysiert. Dabei sind sie auf neun Teilchen gestoßen, die eine ungewöhnliche, von den anderen Partikeln abweichende Zusammensetzung zeigen: Sie enthalten Moleküle, deren Masse mit Natriumphosphaten übereinstimmt.
Um abzuschätzen, wie viel Phosphate die Eispartikel und damit der Ozean von Enceladus enthalten, führte das Team eine Reihe von Experimenten durch. Dazu stellten sie die Messungen Cassinis im Labor nach und gaben verschiedene Phosphatsalze in unterschiedlichen Mengen zu. Die Ergebnisse verglichen sie mit den Daten der Sonde – und stellten so fest, wie viel Phosphor in den Eispartikeln vorhanden sein muss, um das beobachtete Signal zu erklären.
Das Ergebnis: „Unsere Beobachtungen und unsere Laborexperimente deuten darauf hin, dass Phosphor im Ozean von Enceladus in Form von Phosphaten verfügbar ist“, folgern die Forschenden, „und zwar in Konzentrationen, die hundert Mal höher sind als in den Ozeanen der Erde.“ Galt die Verfügbarkeit von Phosphor bislang als Hürde für die Lebensfreundlichkeit des Saturnmonds, so ist diese Hürde damit genommen. Die Untersuchungen von Postberg und seinem Team weisen aber weit über Enceladus hinaus: In den Ozeanen anderer Eismonde sollten ihrer Ansicht nach die chemischen Bedingungen ähnlich sein. Damit müsste auch dort reichlich Phosphor vorhanden sein – all diese Monde könnten daher lebensfreundlich sein.
Quelle: https://www.weltderphysik.de/gebiet/universum/nachrichten/2023/eismonde-ozean-auf-enceladus-enthaelt-phosphor/