TRAPPIST-1c ist keine zweite Venus
Rainer Kayser und Redaktion
Der 40 Lichtjahre entfernte Planet TRAPPIST-1c besitzt vermutlich keine oder nur eine sehr dünne Atmosphäre. Das zeigen Beobachtungen eines Forschungsteams mit dem James-Webb-Weltraumteleskop. Das Ergebnis ist eine Überraschung, denn der Exoplanet ähnelt unserem Nachbarplaneten Venus – sowohl von seiner Größe, als auch bezüglich der Strahlung, die er von seinem Stern empfängt. Doch während sich die Venus unter ihrer dichten Atmosphäre aus Kohlendioxid durch den Treibhauseffekt aufheizt, findet sich bei TRAPPIST-1c keine Spur dieses Treibhausgases, berichten die Forschenden.
TRAPPIST-1 ist ein roter Zwergstern. Diese kleine und leuchtschwache Art von Sternen ist nicht nur besonders häufig, sondern auch ideal, um dort Gesteinsplaneten ähnlich den inneren Planeten unseres Sonnensystems aufzuspüren. Denn durch die geringere Anziehungskraft eines Zwergsterns kreisen Planeten dort auf engen Bahnen mit kurzen Umlaufzeiten – und machen sich so deutlicher bemerkbar. TRAPPIST-1 ist ein besonders spektakulärer Fund: Hier sind inzwischen sieben Gesteinsplaneten bekannt. Drei davon bewegen sich in der habitablen Zone, in der die Existenz von flüssigem Wasser auf der Oberfläche möglich ist.
Der von Sebastian Zieba vom Max-Planck-Institut für Astronomie in Heidelberg und seinen Kolleginnen und Kollegen beobachtete Planet TRAPPIST-1c gehört jedoch nicht dazu. Er galt bislang als Zwilling der Venus: Wie unser Nachbarplanet kreist er am inneren Rand der habitablen Zone und empfängt ähnlich viel Strahlung von seinem Stern wie die Venus von unserer Sonne; auch seine Masse ist vergleichbar groß. Und die Venus ist alles andere als lebensfreundlich: Auf ihrer Oberfläche herrscht der hundertfache Druck wie auf der Erde und die mittlere Temperatur liegt bei 460 Grad Celsius. Doch bislang war unklar, ob TRAPPIST-1c auch bezüglich seiner Atmosphäre der Venus ähnelt.
Zum Glück für die Astronomie liegt die Bahnebene der Planeten von TRAPPIST-1 gerade so, dass die Planeten von der Erde aus gesehen bei jedem Umlauf vor und hinter dem Stern vorüberziehen. So wurden die Planeten auch entdeckt: Wenn sie vor dem Stern vorüberziehen, verringern sie dessen Helligkeit und verraten sich durch ein Flackern im Sternenlicht. Diesmal jedoch nutzten Zieba und sein Team die Vorübergänge von TRAPPIST-1c hinter dem Stern, um mithilfe des James-Webb-Weltraumteleskops Ausschau nach der Atmosphäre des Planeten zu halten.
Steht der Planet dicht neben dem Stern, so ist er von der Erde aus gesehen voll beleuchtet und das Teleskop empfängt besonders viel an dem Planeten reflektiertes Licht des Sterns. Verschwindet der Planet dann hinter dem Stern, so verschwindet auch dieses reflektierte Licht. Die Strahlung nimmt entsprechend ab – und die Differenz liefert den Forschenden den gesuchten Strahlungsanteil des Planeten. Das Team konzentrierte sich bei seinen Beobachtungen auf einen Wellenlängenbereich um 15 Mikrometer: Dort können sie die Wärmestrahlung des Planeten messen.
Darin lässt sich das Kohlendioxid besonders leicht nachweisen: Aus der Strahlungsmenge in diesem Wellenlängenbereich bestimmen die Forschenden die Temperatur des Planeten – und die hängt unter anderem von der Zusammensetzung der Atmosphäre ab. Bei der Venus würde eine solche Beobachtung eine Temperatur von etwa minus 40 Grad Celsius liefern: die Temperatur des dichten Kohlendioxids in der Hochatmosphäre des Planeten. Die Messungen der Forschenden lieferten jedoch eine Temperatur von 110 Grad Celsius. „Diese hohe Temperatur spricht gegen eine dichte Atmosphäre, die reich an Kohlendioxid ist“, folgern sie. Am wahrscheinlichsten sei es, dass es sich dabei um die Temperatur der Oberfläche von TRAPPIST-1c handele – der Planet also keine oder nur eine sehr dünne und damit durchsichtige Atmosphäre besitze.
TRAPPIST-1c ist also trotz ähnlicher Bedingungen kein Zwilling der Venus. Das wirft die Frage auf, warum sich die beiden Planeten so unterschiedlich entwickelt haben. Möglicherweise haben starke Sternwinde und die bei Zwergsternen intensivere ultraviolette Strahlung dem Planeten eine ursprünglich dichtere Atmosphäre entrissen, spekulieren die Forschenden.
Quelle: https://www.weltderphysik.de/gebiet/universum/nachrichten/2023/exoplaneten-trappist-1c-ist-keine-zweite-venus/