Besondere Kollision von Neutronensternen

Forscher weisen erstmals einen Übergangszustand nach, der entsteht, bevor zwei Neutronensterne zu einem Schwarzen Loch kollabieren.

Rainer Kayser

Zwei helle Punkte im All; im Hintergrund Spirallinien, die die Bewegungsrichtung der Punkte andeuten

ESA, Lizenz: CC BY-SA 3.0 IGO

Wenn zwei Neutronensterne im Weltall zusammenstoßen, entsteht ein Schwarzes Loch. In manchen Fällen kann sich zunächst ein größerer Neutronenstern bilden, der erst nach Sekundenbruchteilen zu einem Schwarzen Loch kollabiert. Diesen Übergangszustand hat ein Forscherteam nun erstmalig nachgewiesen – über ein kurzzeitiges Signal im Bereich der Gammastrahlung, wie die Wissenschaftler im Fachblatt „Nature“ berichten.

Ein Neutronenstern ist der Überrest eines massereichen Sterns, der in einer Supernova explodiert ist. Er ist extrem dicht gepackt und besteht aus Neutronen. Stoßen zwei Neutronensterne zusammen, verschmelzen sie und es bildet sich ein Schwarzes Loch. Dabei werden große Mengen an Energie in Form von elektromagnetischer Strahlung und Gravitationswellen freigesetzt. Insbesondere verraten sich die kosmischen Extremereignisse durch Ausbrüche hochenergetischer Gammastrahlung am Himmel, die weniger als zwei Sekunden andauern.

Theoretische Untersuchungen zeigen, dass unter bestimmten Umständen nicht sofort ein Schwarzes Loch entstehen muss. Abhängig von den Massen und dem inneren Aufbau der beiden Neutronensterne kann sich zunächst ein größerer Neutronenstern bilden, der extrem kurzlebig ist: Er existiert lediglich für zehn bis dreihundert Millisekunden, bevor er dann doch zum Schwarzen Loch kollabiert.

Diesen Übergangszustand wollten Cecilia Chirenti von der University of Maryland und ihre Kollegen nun nachweisen. Computersimulationen zeigen, dass die Entstehung des Neutronensterns zwar kurzzeitig hochfrequente Gravitationswellen erzeugt. Diese lassen sich mit den derzeitigen Detektoren jedoch nicht beobachten. Doch die Gravitationswellen sollten die Gammastrahlen beeinflussen, die bei der Verschmelzung der Neutronensterne entstehen – und dieses Signal müsste sich, so Chirenti und ihre Kollegen, in den Daten einiger Gammastrahlenausbrüche aufspüren lassen.

Zwar gab es bereits erfolglose Versuche anderer Forscher, ein solches Signal zu finden. Doch diese hatten nach einem kurzen, streng regelmäßigen Signal gesucht. Chirenti und ihre Kollegen lockerten nun diese Bedingung und suchten nach Signalen, die nicht vollständig gleichmäßig sind. Und sie wurden fündig: Unter insgesamt über siebenhundert Gammastrahlenausbrüchen fanden sie zwei, die ein charakteristisches Signal zeigten, so wie es bei der kurzzeitigen Bildung eines Neutronensterns zu erwarten ist.

Damit, so die Wissenschaftler, steht den Astronomen eine neue Methode zur Verfügung, um die Verschmelzung von Neutronensternen zu untersuchen – selbst dann, wenn bei den Ereignissen keine Gravitationswellen gemessen wurden. Aus einer genauen Untersuchung solcher Verschmelzungen erhoffen sich die Forscher unter anderem neue Erkenntnisse über den Zustand der Materie in den extrem dichten Himmelskörpern.

Quelle: https://www.weltderphysik.de/gebiet/universum/nachrichten/2023/gammastrahlenausbruch-besondere-kollision-von-neutronensternen/