Pulsar stellt neuen Energierekord auf
Rainer Kayser und Redaktion
Der 960 Lichtjahre von uns entfernte Vela-Pulsar sendet extrem energiereiche Gammastrahlung aus. Das zeigen Beobachtungen eines Forschungsteams mit dem H.E.S.S.-Observatorium in Namibia. Eine so energiereiche Strahlung wurde noch nie zuvor bei einem Pulsar gemessen. Mit bisherigen Modellen, wie Gammastrahlung bei Pulsaren entsteht, sei dies nicht zu erklären, so die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler im Fachblatt „Nature Astronomy“.
Hat ein großer Stern seinen Brennstoff im Kern verbraucht, explodiert er als Supernova. Doch diese Explosion zerreißt nicht den ganzen Stern: Nur die äußeren Schichten stößt er ins All ab. Das Innere des Sterns kollabiert je nach Masse zu einem Schwarzen Loch oder zu einem Neutronenstern. Manche dieser Neutronensterne rotieren schnell und besitzen ein starkes Magnetfeld. Dann senden sie entlang ihrer Nord-Süd-Achse stark gebündelt Strahlung aus. Doch weil die Achse des Magnetfelds im Vergleich zur Rotationsachse des Sterns gekippt ist, streicht der Strahl ähnlich dem Lichtkegel eines Leuchtturms durchs All und trifft regelmäßig auf die Erde. Dort detektieren ihn entsprechende Teleskope als wiederkehrenden Strahlungspuls – weshalb solche Neutronensterne „Pulsare“ heißen.
So auch der Vela-Pulsar: Er dreht sich etwa elfmal pro Sekunde. Dabei strahlt er sowohl Radiowellen als auch Gammastrahlung im Bereich von Gigaelektronenvolt aus – hochenergetischer als die Strahlung aller anderen Pulsare. Nun beobachteten Astronominnen und Astronomen der H.E.S.S.-Kollaboration den Pulsar länger als zuvor mit fünf sogenannten Tscherenkow-Teleskopen, die speziell für hochenergetische Strahlung aus dem All ausgerichtet sind. Insgesamt 80 Stunden lang sammelten sie die von dem Pulsar eintreffende Gammastrahlung. Auf diese Weise konnten sie überraschend sehr seltene Gammastrahlen mit bis zu 20 Teraelektronenvolt nachweisen. „Das ist etwa zweihundertmal energiereicher als sämtliche Strahlung, die bisher von diesem Objekt gemessen wurde“, erläutert Team-Mitglied Christo Venter von der North-West University in Südafrika.
Woher stammt die hochenergetische Strahlung?
Nach derzeitigen Modellen entsteht die Gammastrahlung dadurch, dass die starken Magnetfelder des Pulsars Elektronen beschleunigen und ablenken. Die Elektronen bewegen sich dabei vom Pulsar aus nach außen bis zum Rand seines Magnetfelds. „Auf ihrer Reise nach außen nehmen die Elektronen Energie auf und setzen sie in Form der beobachteten Strahlung frei“, sagt Team-Mitglied Bronek Rudak vom Astronomischen Zentrum Nikolaus Kopernikus in Polen.
Doch um derart hohe Energien zu erreichen, müssten die Elektronen viel stärker beschleunigt werden. Das lässt sich nicht mit aktuellen Modellen in Einklang bringen. Die Forschenden halten es für denkbar, dass schlagartige Veränderungen im Magnetfeld des Pulsars die Elektronen noch stärker beschleunigen. Doch selbst dieses Szenario kann derart energiereiche Gammastrahlung kaum erklären. Deshalb hofft das Forschungsteam, dieses Rätsel durch künftige Beobachtungen weiterer hochenergetischer Pulsare mit empfindlicheren Gammateleskopen zu lösen.
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Quelle: https://www.weltderphysik.de/gebiet/universum/nachrichten/2023/kosmische-gammastrahlung-vela-pulsar-stellt-neuen-energierekord-auf/