Hochenergetisches Teilchen wirft Rätsel auf

Niemand weiß, was es genau ist und woher es kommt. Sicher ist nur: Ein Teilchen von außerhalb unserer Galaxie erreichte die Erde – mit sehr viel Energie.

Anne-Dorette Ziems

Ein heller Streifen stellt das Teilchen dar, das auf die Erde trifft. Diese ist im Anschnitt zu sehen. Der Hintergrund ist dunkel und zeigt zwei Galaxien, einen Stern mit Magnetfeldlinien und die Sonne, von der auch Teilchenstrahlen auf die Erde treffen.

Osaka Metropolitan University/Kyoto University/Ryuunosuke Takeshige

Tag für Tag prasseln Teilchen aus dem Weltraum auf unsere Erde ein. Vor allem stammen sie aus unserem Sonnensystem, aber seltener treffen auch mal kleinste Teilchen aus fremden Galaxien auf unseren Heimatplaneten. Im Fachmagazin „Science“ berichten Forschende nun davon, wie sie ein besonders hochenergetisches und rätselhaftes Teilchen entdeckt haben.

Hochenergetische Teilchen aus dem All sind winzige Teilchen, aus denen etwa die Atome aufgebaut sind. Dazu zählen Protonen oder Atomkerne, die ihren Ursprung außerhalb unserer Galaxie haben. Forschende gehen davon aus, dass sie bei den energiereichsten Phänomenen im Universum entstehen, beispielsweise bei Gammastrahlausbrüchen oder relativistischen Jets bei Schwarzen Löchern. Wenn so ein hochenergetisches Teilchen aus dem Weltraum in die Erdatmosphäre eindringt, stößt es dort mit den Molekülen in der Luft zusammen. Dabei kommt es zu einem sogenannten Luftschauer: Ein lawinenartiges Phänomen, bei dem weitere Teilchen entstehen, die dann mit den nächsten Luftmolekülen interagieren und wieder andere Teilchen produzieren. Anhand dieser Teilchen können Forschende Rückschlüsse auf das ursprüngliche Teilchen ziehen, das den Luftschauer ausgelöst hat.

Riesiges Detektorarray misst seltenes Teilchen

Doch so häufig Teilchen auch auf die Erde treffen: Extrem hochenergetische Teilchen sind selten. Forschende schätzen, dass jeden Quadratkilometer der Erde pro Jahrhundert weniger als ein Teilchen mit mehr als 100 Exaelektronenvolt trifft – das ist mehr als eine Million Mal so viel Energie wie die der Protonen, die im Large Hadron Collider am CERN produziert werden. Will man solche Teilchen messen, benötigt man einen großen Detektor.

Breiter werdender Lichstrahl von oben rechts nach unten mittig im Bild, dunkler Himmel und Erdboden im HintergrundHochenergetischer Teilchenstrahl

Auslösen eines Luftschauers durch das hochenergetische Teilchen

Deshalb nutzte das Team um Toshihiro Fujii von der Osaka Metropolitan University für seine Suche nach hochenergetischen Teilchen das Telescope Array Experiment in Utah. Es besteht aus drei Teleskopen und über 500 Detektoren, die auf 762 Quadratkilometer verteilt sind. Damit ist es in etwa so groß wie die Stadt Hamburg. Und die Forschenden hatten Glück: Das Teilchen, das sie entdeckt haben, hatte eine Energie von 244 Exaelektronenvolt.

Eigenschaften und Herkunft bleiben rätselhaft

Doch als Fujii und sein Team sich die Eigenschaften des Teilchens genauer ansehen wollten, stießen sie auf gleich mehrere Probleme: Zum einen konnten sie nicht genau bestimmen, um was für ein Teilchen es sich handelt. Denn das Mondlicht schien zu hell, um die dafür nötigen Teleskope zu benutzen. Lediglich, dass es sich um ein Proton oder einen schwereren Atomkern handelt, konnten sie schlussfolgern: Denn bei diesem Luftschauer entstanden Myonen. Myonen sind Elementarteilchen wie Elektronen und charakteristisch als Nebenprodukt, wenn Protonen oder andere Atomkerne mit den Molekülen in der Erdatmosphäre zusammenstoßen.

Zum anderen wirft auch die Herkunft des Teilchens Rätsel auf: Denn in der Richtung, aus der es gekommen ist, gibt es nur sehr wenige Galaxien. Laut Fujii und seinem Team könnte es sein, dass dieses Teilchen stärker vom Magnetfeld der Milchstraße abgelenkt wurde als theoretische Modelle es vorhersagen – oder dass der Ursprung des Teilchens ein bisher unbekanntes astronomisches Objekt ist. In jedem Fall wollen sie mit dem Telescope Array Experiment weiter zu hochenergetischen Teilchen forschen, um die Herkunft dieses hochenergetischen Teilchens zu klären und für die Zukunft gegebenenfalls die zugrunde liegenden Modelle zu verbessern.

Quelle: https://www.weltderphysik.de/gebiet/universum/nachrichten/2023/kosmische-strahlung-hochenergetisches-teilchen-wirft-raetsel-auf/