Vorläufer eines Magnetars entdeckt
Rainer Kayser und Redaktion
Magnetare sind Neutronensterne mit einem extrem starken Magnetfeld. Es sind bereits viele dieser Überreste von Sternen bekannt – doch wie sie entstehen, ist bislang ungeklärt. Nun kam ein Forschungsteam diesem Geheimnis auf die Spur: Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler wiesen nach, dass ein alter Stern namens HD 45166 bereits ein ungewöhnlich starkes Magnetfeld aufweist. Wie sie im Fachblatt „Science“ berichten, würde sich dieses Magnetfeld gewaltig verstärken, wenn der Stern zum Neutronenstern kollabiert. Aus ihm entstünde dann ein Magnetar.
Der 3000 Lichtjahre entfernte Stern ist Teil eines Doppelsternsystems und hat seine äußere Hülle ins Weltall abgegeben – nun besteht er überwiegend aus Helium. Ein solcher Stern heißt in der Fachsprache Wolf-Rayet-Stern. Doch bereits seit hundert Jahren stellt er Astronominnen und Astronomen vor ein Rätsel: Er scheint trotz aller theoretischen Bemühungen nicht in die Modelle zur Sternentwicklung zu passen. So lässt sich durch diese Modelle etwa nicht erklären, dass HD 45166 im Vergleich zu anderen Wolf-Rayet-Sternen sehr schmale Linien im Lichtspektrum aufweist.
Um dem Rätsel hinter diesem Himmelsobjekt auf die Spur zu kommen, beobachteten Pablo Marchant von der Universität Löwen und sein Team den Stern mit zahlreichen Teleskopen und werteten Archivdaten aus. Wie sich zeigte, ist HD 45166 leichter als bislang angenommen – etwa das Doppelte der Masse unserer Sonne bringt er auf die Waage. Außerdem ist er seinem Partnerstern näher als zunächst gedacht. Besonders fiel aber eine weitere Entdeckung auf: Das Licht des Sterns verändert seine Farben mit der Zeit in einer Weise, wie es typisch für heiße Sterne mit starken Magnetfeldern ist.
Ein Rekordmagnetfeld mit Folgen
„Die gesamte Oberfläche dieses Heliumsterns ist so magnetisch wie die stärksten Magnete, die wir auf der Erde bislang hergestellt haben“, erklärt Marchant. Mit einer magnetischen Flussdichte von 43 000 Gauß stellt HD 45166 sogar einen Rekord für Sterne auf, die so massereich sind, dass sie zu Neutronensternen kollabieren können. Zum Vergleich: Das Erdmagnetfeld beträgt am Boden etwa 0,4 Gauß.
Mithilfe ihrer neuen Erkenntnisse über HD 45166 haben die Forschenden anschließend mit Computern simuliert, wie sich dieser extrem magnetische Stern weiter entwickeln wird. Die Rechnungen zeigen: Wenn die Kernfusion im Inneren des Sterns zum Erliegen kommt, kollabiert er zu einem viel kleineren Himmelskörper, einem Neutronenstern. Neutronensterne sind typischerweise lediglich etwa 20 Kilometer groß. Beim Kollaps bleibt jedoch das Magnetfeld erhalten, konzentriert sich nun aber auf viel weniger Raum. Da die magnetische Flussdichte von der Fläche abhängt, durch die das Magnetfeld tritt, wächst sie damit auf gewaltige 100 Billionen Gauß an – ein typischer Wert für Magnetare.
Der beobachtete Stern kann also „der unmittelbare Vorläufer eines Magnetars sein“, schließen Marchant und sein Team. Offen bleibt aber die Frage, ob alle Magnetare auf diese Weise entstehen. „Wir haben hier lediglich einen möglichen Entstehungsweg für Magnetare aufgezeigt“, betont der ebenfalls an der Studie beteiligte Tomer Shenar von der Universität Amsterdam. Ob dieser Weg für alle Magnetare gültig ist oder eher eine Ausnahmen ist, gilt es jedoch noch zu untersuchen.
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Quelle: https://www.weltderphysik.de/gebiet/universum/nachrichten/2023/sternentwicklung-vorlaeufer-eines-magnetars-entdeckt/