Rätselhaftes Aufleuchten in fernen Galaxien

Mehrtägiges Leuchten am Nachthimmel ist extrem selten – und bislang ungeklärt. Nachträgliche Lichtblitze helfen nun, dem Phänomen auf die Spur zu kommen.

Rainer Kayser und Redaktion

Schwarzes Loch im All, in das ein gelber Strudel fließt

JPL/NRAO/AUI/NSF/NASA

Seit mehreren Jahren zerbrechen sich Astronominnen und Astronomen den Kopf über ein mysteriöses Himmelsphänomen: Gelegentlich leuchtet es in fernen Galaxien für einige Tage auf. Das Aufleuchten ähnelt Sternexplosionen – die jedoch nicht wenige Tage lang, sondern über mehrere Wochen hinweg leuchten. Jetzt ist ein Forschungsteam der Lösung auf die Spur gekommen: Bei einem Himmelsobjekt stießen sie mehrere Monate lang auf minutenlange Blitze. Das deute darauf hin, so die Forschenden im Fachblatt „Nature“, dass die Quelle der Leuchterscheinungen ein Neutronenstern oder ein Schwarzes Loch sei.

2018 hatte bereits ein Aufleuchten in einer etwa 200 Millionen Lichtjahre entfernten Galaxie für Aufmerksamkeit gesorgt. Es war zehn bis hundert Mal heller als eine normale Supernova und strahlte zudem Ultraviolettstrahlung und veränderliche Röntgenstrahlung ab. Innerhalb weniger Tage klang die Strahlung wieder ab. Seither haben Forschende nur sechs weitere ähnliche Erscheinungen aufgespürt.

Eines dieser Ereignisse trägt die Bezeichnung AT2022tsd und ist vergangenes Jahr in einer etwa drei Milliarden Lichtjahre entfernten Galaxie aufgetreten. Anna Ho von der Cornell University in den USA und ihr Team haben diese Galaxie nun mit dem Keck Telescope auf Hawaii und dem Thai National Telescope in Thailand weiter beobachtet. Dabei entdeckten sie in den Monaten nach dem eigentlichen Aufleuchten mehrfach minutenlanges Leuchten, das mal heller und mal dunkler wurde.

Gebündelte Strahlung von einem kleinen Objekt

Dass das Leuchten so hell, schwankend und kurz war, lieferte den Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern wichtige Hinweise auf seinen Ursprung: Die Lichtquelle muss mit maximal zehn Millionen Kilometern im Durchmesser astronomisch gesehen recht klein sein – und stark gebündelt in Richtung Erde strahlen. Derart gebündelte Strahlung ist durchaus bekannt: Typischerweise schießen Schwarze Löcher und Neutronensterne mit starken Magnetfeldern fast lichtschnelle Teilchen ins All hinaus.

Das Team schließt daraus, dass ein solcher Teilchenstrahl auch das Leuchten von AT2022tsd verursacht hat. Ein Neutronenstern oder Schwarzes Loch habe mit seiner Schwerkraft einen anderen Stern zerrissen und damit das erste tagelange Aufleuchten ausgelöst, so Ho und ihr Team. Anschließend sei ein Teil der Materie des zerstörten Sterns durch das Magnetfeld gebündelt nach außen katapultiert worden und habe die späteren Leuchterscheinungen verursacht.

Wie genau solche Ereignisse verlaufen, hängt vom Stern, vom Objekt, das ihn zerreißt, sowie von der Richtung der Materiestrahlen ab. Mit speziellen Teleskopen suchen Astronominnen und Astronomen inzwischen nach weiteren ähnlichen Himmelsereignissen. Denn nur die Analyse möglichst vieler dieser Leuchterscheinungen kann zeigen, ob die Überlegungen von Ho und ihrem Team korrekt sind.

Quelle: https://www.weltderphysik.de/gebiet/universum/nachrichten/2023/strahlungsausbruch-raetselhaftes-aufleuchten-in-fernen-galaxien/