Frühe Galaxie wächst auf ungewöhnliche Weise

Bisher ist unklar, ob Galaxien im frühen Universum so gewachsen sind wie heute. Nun fanden Forschende ein Exemplar, das sich auf besondere Weise entwickelt hat.

Anne-Dorette Ziems

Aufnahme des Weltalls mit hellen Sternen

NASA, ESA, CSA, M. Zamani (ESA/Webb)

Das Weltall ist gefüllt von unzähligen Galaxien. Viele von ihnen sind schon in der Frühzeit des Universums entstanden – doch ob sie genauso gewachsen sind wie spätere Galaxien, ist bislang unklar. Nun haben Forschende das Wachstum einer Galaxie nur 700 Millionen Jahre nach dem Urknall erforscht. Dabei sind sie auf einen besonderen Mechanismus gestoßen: Die Galaxie, so berichtet das Team im Fachmagazin „Nature Astronomy“, ist von innen nach außen gewachsen.

Galaxie als Pixel-Haufen, der im Zentrum am hellsten ist und zum Rand hin dunkler wird.

Die untersuchte Galaxie

Bei der Himmelsdurchmusterung JADES mit dem James-Webb-Teleskop haben William Baker von der Cambridge University und sein Team eine frühe Galaxie untersucht. Sie trägt den Namen JADES-GS+53.18343-27.79097 und ist so weit weg, dass ihr Licht etwa 13 Milliarden Jahre zu uns unterwegs war. Somit sehen wir sie so, wie sie 700 Millionen Jahre nach dem Urknall geleuchtet hat, also in einer frühen Phase des Kosmos.

Die Astronominnen und Astronomen haben anschließend die Lichtspektren analysiert, die das Weltraumteleskop von der Galaxie aufgezeichnet hat. Da sich die Spektren je nach Alter der Sterne unterscheiden, ließ sich so das Verhältnis von alten und jungen Sternen bestimmen. Schließlich konnten die Forschenden daraus auf die Masse der Sterne und die Sternentstehungsrate in verschiedenen Regionen der Galaxie schließen.

Sind Galaxien in der Frühzeit des Universums anders gewachsen?

Üblicherweise wachsen Galaxien, indem sie Gas ansammeln, aus dem im Zentrum neue Sterne entstehen und sich dann nach außen bewegen – oder indem sie mit kleineren Galaxien verschmelzen. Nicht so JADES-GS+53.18343-27.79097: Bei dieser Galaxie stießen Baker und sein Team anhand der gemessenen Daten auf eine Besonderheit. Sie ist nicht wie heutige Galaxien, sondern von innen nach außen gewachsen, vergleichbar mit einer Großstadt, die ein dicht bebautes Stadtzentrum hat und nach außen hin immer dünner besiedelt ist. Neubauten entstehen eher am Stadtrand.

So hat auch JADES-GS+53.18343-27.79097 ein dichtes Zentrum, ähnlich dicht wie das heutiger massereicher elliptischer Galaxien. Die meisten Sterne dieser Galaxie entstehen hingegen weiter entfernt vom Zentrum. Dort verdoppelt sich die Masse an Sternen alle 10 Millionen Jahre – das ist 1000-mal schneller als die Milchstraße an Masse zunimmt. Damit ist die untersuchte Galaxie das erste Beispiel für diese ungewöhnliche Wachstumsart im frühen Universum. Zuvor ist sie nur theoretisch vorhergesagt, aber noch nicht beobachtet worden.

Die Ergebnisse deuten laut der Forschungsgruppe auf eine Umgebung im jungen Universum hin, die sich von den heutigen Bedingungen unterscheidet. So könnte es viel Gas im Umfeld der Galaxie gegeben haben, das die Galaxie auf diese Weise wachsen ließ. Um allgemeine Aussagen zu treffen, reichen die Daten dieser einzelnen Galaxie jedoch nicht aus. Deswegen analysieren William Baker und sein Team bereits ähnliche Daten anderer Galaxien aus dieser und anderen Epochen. So wollen sie herausfinden, ob früher alle Galaxien so gewachsen sind – und wie sie sich über Milliarden von Jahren bis zu ihrer heutigen Größe entwickelt haben.

Quelle: https://www.weltderphysik.de/gebiet/universum/nachrichten/2024/james-webb-teleskop-fruehe-galaxie-waechst-auf-ungewoehnliche-weise/